Stellungnahme des Deutschen EDV-Gerichtstages zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Verkündungs- und Bekanntmachungswesens

  1. Über­gang zur elek­tro­n­is­chen Gesetzesverkündung

Die Zielset­zung des Geset­zen­twurfs, die bish­erige Papier­fas­sung des Bun­des­ge­set­zblatts zum 1. Jan­u­ar 2023 durch eine amtliche elek­tro­n­is­che Aus­gabe des Bun­des­ge­set­zblatts zu erset­zen, ist zu begrüßen. Wie die Begrün­dung des Geset­zen­twurfs zu Recht aus­führt, bietet die elek­tro­n­is­che Verkün­dung gegenüber der papierge­bun­de­nen Verkün­dung weitre­ichende Vorteile. Sie beschle­u­nigt den Aus­gabe­prozess, verbessert den Zugang zum Bun­des­ge­set­zblatt und spart Ressourcen. Die elek­tro­n­is­che Verkün­dung wird heute in zahlre­ichen europäis­chen Staat­en, in mehreren Län­dern der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land sowie auf der Ebene der Europäis­chen Union prak­tiziert. So sind in eini­gen Län­dern (in Bran­den­burg[1] , in Bre­men[2] , im Saar­land[3] und in Hes­sen[4] ) elek­tro­n­is­che Verkün­dun­gen in elek­tro­n­is­chen Geset­zblät­tern ver­fas­sungsrechtlich vorge­se­hen. Auch auf der EU-Ebene ist seit dem 1. Juli 2013 die elek­tro­n­is­che Aus­gabe des Amts­blatts (e‑ABl) verbindlich[5]. Die Papier­fas­sung hat dort keine Rechts­gültigkeit mehr — es sei denn, dass wegen ein­er unvorherge­se­henen Störung der IT-Sys­teme kein Online-Amts­blatt veröf­fentlicht wer­den kann. Bemerkenswert ist, dass ohne Änderung des Wort­lauts des für die Veröf­fentlichung der Geset­zge­bungsak­te maßgeben­den Art. 297 AEUV durch Sekundär­recht die Umstel­lung vom offiziellen Papi­er-Amts­blatt auf das elek­tro­n­is­che Amts­blatt vorgenom­men wurde.

Der bish­erige Weg der Papi­er-Verkün­dung ist zeitraubend: Zunächst erfol­gt die Aus­fer­ti­gung in Form der Unterze­ich­nung der Urschrift durch den Bun­de­spräsi­den­ten. Nach der Vervielfäl­ti­gung durch die beauf­tragte Druck­erei wird das Gesetz im Geset­zblatt verkün­det. Als Verkün­dung­ster­min gilt der Zeit­punkt, zu dem das erste Stück der Num­mer des Geset­zblattes in Verkehr gebracht wird. Gemäß der Recht­sprechung des BVer­fG reicht die Aus­liefer­ung an einen einzel­nen Bezieher aus. Demge­genüber wird in der Lit­er­atur mehrheitlich ein Ver­sand an die Mehrheit der Bezieher (zumeist der Tag nach der Ein­liefer­ung bei der Post) als maßge­blich ange­se­hen. Entsprechend wird in der Prax­is als Aus­gabe­da­tum der auf die Ein­liefer­ung bei der Post fol­gende Tag auf dem Kopf des Geset­zblatts ver­merkt. Im Falle der elek­tro­n­is­chen Verkün­dung tritt dage­gen als maßge­blich­er Verkün­dungszeit­punkt der Tag der Freiga­be des elek­tro­n­is­chen Doku­ments an die Stelle des Aus­gabe­da­tums. Damit kann die Zeit von der Aus­fer­ti­gung bis zum maßge­blichen Verkün­dungszeit­punkt entschei­dend verkürzt wer­den. Wartezeit­en bis zur Anliefer­ung der Papi­er-Geset­zes- und Verord­nungs­blät­ter entfallen.

Schließlich ist die heutige maßge­bliche Geset­zesverkün­dung in Papi­er mit einem Medi­en­bruch ver­bun­den, weil oft zur Arbeit­ser­le­ichterung mit elek­tro­n­is­chen Dateien gear­beit­et wird, die dann in eine Papier­fas­sung zur Verkün­dung umge­wan­delt wer­den müssten. Bei jedem Medi­en­bruch beste­ht die Gefahr neuer Fehlerquellen. Die elek­tro­n­is­che Verkün­dung schafft zusam­men mit dem Pro­jekt der Bun­desregierung „Elek­tro­n­is­ches Geset­zge­bungsver­fahren des Bun­des (E‑Gesetzgebung)“ und mit dem Ziel, das Recht­set­zungsver­fahren des Bun­des auf eine neue IT-Grund­lage zu stellen und einen durchge­hen­den dig­i­tal­en Prozess inner­halb der Bun­desregierung, zwis­chen der Bun­desregierung, dem Deutschen Bun­destag, dem Bun­desrat, dem Ver­mit­tlungsauss­chuss und dem Bun­de­sprä­sidi­alamt aufzubauen, die Möglichkeit, auf fehler­an­fäl­lige Medi­en­brüche von der Erstel­lung eines Geset­zen­twurfs bis zur Geset­zes­doku­men­ta­tion zu verzichten.

  1. Zumut­barkeit der Ken­nt­nis­nahme bei elek­tro­n­is­ch­er Verkün­dung von Gesetzen

Inner­halb der Bun­desregierung war bere­its vor ca. 15 Jahren über die Ein­führung ein­er elek­tro­n­is­chen Verkün­dung disku­tiert wor­den. Es set­zten sich damals allerd­ings die Bedenken durch, die auf Prob­leme hin­wiesen, die für Bürg­erin­nen und Bürg­er entste­hen kön­nten, die nicht über einen Inter­ne­tan­schluss ver­fügten. Dieses Argu­ment war zwar schon damals kaum mehr überzeu­gend. Heute erscheint es eher unzu­mut­bar, die Regelungsadres­satin­nen und ‑adres­sat­en auf den Erwerb der Papier­fas­sung des Bun­des­ge­set­zblatts zu ver­weisen, um sich vom Erlass und vom Inhalt der für sie gel­tenden Recht­snor­men und Bekan­nt­machun­gen ver­lässlich Ken­nt­nis zu ver­schaf­fen. Eine große Mehrheit der Bürg­erin­nen und Bürg­er wie auch die Ange­höri­gen der Rechts­berufe dürften den elek­tro­n­is­chen Zugriff auf Geset­zes­texte als schneller und bei der Ein­bindung von Such­maschi­nen auch benutzer­fre­undlich­er anse­hen. Dementsprechend dürfte auch die ver­fas­sungs­gerichtliche Recht­sprechung, die die zumut­bare Ken­nt­nis­möglichkeit von den Recht­snor­men und Bekan­nt­machun­gen ver­langt (vgl. BVer­fGE 16, 6, 16 f. und 18; BVer­fGE 40, 237, 252 f. und 255), eine Umstel­lung auf ein elek­tro­n­is­ches Medi­um gebi­eten. Der Begrün­dung des Ref­er­ente­nen­twurfs, wonach die Umstel­lung auch für die Gruppe der­jeni­gen, die das Inter­net bis­lang nicht nutzen, keine Erschwerung des Zugangs im Ver­gle­ich zum gedruck­ten Bun­des­ge­set­zblatt erzeuge, ist eben­falls zuzus­tim­men. Außer­dem wird es den Per­so­n­en, die nicht über einen Inter­net­zu­gang ver­fü­gen oder selb­st keine Möglichkeit zum Aus­druck haben, ermöglicht, Aus­drucke von einzel­nen Geset­zen, Verord­nun­gen oder Bekan­nt­machun­gen oder andere Veröf­fentlichun­gen auf Papi­er zu erhalten.

  1. Erforder­lichkeit ein­er Grundgesetzänderung

Zur Begrün­dung dafür, dass ohne eine Grundge­set­zän­derung eine Umstel­lung auf eine elek­tro­n­is­che Verkün­dung nicht in Betra­cht komme, wurde auf den Wort­laut des Art. 82 Abs. 1 GG ver­wiesen. Mit der For­mulierung („im Bun­des­ge­set­zblat­te verkün­det“) könne nur eine Verkün­dung in Papi­er gemeint sein.

Diese Ausle­gung erscheint zwar nicht zwin­gend, weil bekan­ntlich auch die Inter­pre­ta­tion von Ver­fas­sungsnor­men den Wan­del des soziokul­turellen Umfelds berück­sichti­gen muss. So umfasst heute etwa der grundge­set­zliche Begriff der „Ver­samm­lung“ auch neue Ver­samm­lungs­for­men (etwa Flash­mobs), der Begriff der „Kun­st“ auch nicht tra­di­tionelle Kun­st­for­men, der Begriff der „Ehe“ auch die gle­ichgeschlechtliche Ehe, an die 1949 noch nicht gedacht war, der Begriff „Eigen­tum“ auch das geistige Eigen­tum – jew­eils For­ten­twick­lun­gen. Es erscheint daher fraglich, weshalb der Begriff „Bun­des­ge­set­zblatt“ nicht auch zeit­gemäß als elek­tro­n­is­ches Geset­zblatt ver­standen wer­den kann.

Nachvol­lziehbar ist jedoch, dass man bei verbleiben­den Recht­sun­sicher­heit­en über die Ausle­gungsmöglichkeit­en des Begriffs „Bun­des­ge­set­zblatt“ nicht die Wirk­samkeit der Geset­zesverkün­dun­gen beim Wech­sel des Verkün­dungsmedi­ums gefährden wollte. Insoweit ver­weist der Geset­zen­twurf kon­se­quent auf die Voraus­set­zung ein­er fed­er­führend vom Bun­desmin­is­teri­um des Innern zu erar­bei­t­en­den Grundge­set­zän­derung durch die Ein­führung eines Regelungsvor­be­halts in Art. 82 Abs. 1 GG betr­e­f­fend die Gesetzesverkündung.

  1. Ein Verkün­dung­sor­gan für Geset­ze und Verordnungen

Zu begrüßen ist auch, dass die Umstel­lung auf die elek­tro­n­is­che Verkün­dung zum Anlass genom­men wird, das Nebeneinan­der unter­schiedlich­er Verkün­dung­sor­gane für die Verkün­dung von Geset­zen und Verord­nun­gen (teil­weise im Bun­des­ge­set­zblatt, teil­weise im Bun­de­sanzeiger) zu been­den und eine einzige elek­tro­n­is­che Verkün­dungsplat­tform für Geset­ze und Verord­nun­gen vorzuse­hen. Dies erle­ichtert die Auffind­barkeit einzel­ner verkün­de­ter Nor­men durch die ange­botene Such­funk­tion im Ergeb­nis erhe­blich. Zu begrüßen ist fern­er, dass zukün­ftig die Verkün­dung von Geset­zen und Rechtsverord­nun­gen jew­eils durch die Aus­gabe ein­er Num­mer des Bun­des­ge­set­zblatts erfol­gen soll (§ 3 des Geset­zen­twurfs). Auch dies erle­ichtert das Ermit­teln und die Les­barkeit der verkün­de­ten Norm.

  1. Zugänglichkeit und Ver­w­ert­barkeit des Bun­des­ge­set­zblatts (struk­turi­ertes Doku­menten­for­mat) bzw. der Veröf­fentlichun­gen im Bundesanzeiger

Die Regelung in § 4 Abs. 1, wonach das Bun­des­ge­set­zblatt jed­erzeit frei zugänglich zu sein hat, ist eben­so zu begrüßen, wie die Anord­nung, dass es unent­geltlich gele­sen, aus­ge­druckt, gespe­ichert und ver­w­ertet wer­den kann. Ins­beson­dere die Ver­w­er­tung war beim PDF-Abbild der Papier­fas­sung in der Ver­gan­gen­heit nicht gewährleis­tet. Nun­mehr soll auch eine freie über­greifende Recherche und Kopier­barkeit gewährleis­tet sein.

Der Über­gang zur elek­tro­n­is­chen Geset­zesverkün­dung bietet allerd­ings Chan­cen, die über das im vor­liegen­den Entwurf Geregelte hin­aus­ge­hen. Bis­lang wer­den elek­tro­n­is­che Doku­mente, ins­beson­dere auch die Online-Aus­gabe des Bun­des­ge­set­zblatts, in der Regel als PDF-Doku­mente zur Ver­fü­gung gestellt. Dem Entwurf ist keine Änderung dieses Vorge­hens zu entnehmen.

Aus tech­nis­ch­er Sicht gibt es allerd­ings nur wenige Argu­mente für diese Form der Bere­it­stel­lung. Wir schla­gen daher vor, – zumin­d­est neben dem PDF-Doku­ment – ein struk­turi­ertes For­mat (auf Basis von XML) für die Geset­zesverkün­dung und für Bekan­nt­machun­gen vorzuse­hen, das eine automa­tis­che Weit­er­ver­ar­beitung erhe­blich vere­in­fachen würde. Ins­beson­dere kön­nen vorhan­dene Soft­ware-Werkzeuge für XML-Doku­mente einge­set­zt wer­den. Ein Ver­lust ist damit nicht ver­bun­den, denn die vol­lau­toma­tis­che Gener­ierung ander­er gängiger For­mate (wie PDF, HTML, ePub) ist ein­fach möglich – in umgekehrter Rich­tung gilt das nicht.

PDF-Doku­mente sind für eine bes­timmte Darstel­lungs­form opti­miert, beispiel­sweise den Aus­druck im For­mat DIN A4; der heute üblichen Band­bre­ite an Endgeräten von Smart­phone-Bild­schir­men über eBook-Read­er bis hin zu Bre­it­bild-Mon­i­toren wird dies nicht gerecht. Min­destanforderun­gen an die Bar­ri­ere­frei­heit kön­nen durch entsprechende PDF-Ver­sio­nen erre­icht wer­den, doch die Fes­tle­gung auf eine bes­timmte optis­che Darstel­lung ohne automa­tisiert ver­ar­beit­bare Struk­tur­in­for­ma­tion erschw­ert es, eine maßgeschnei­derte Ansicht für Men­schen mit sehr unter­schiedlich aus­geprägten Sehbe­hin­derun­gen zu erstellen. XML-Doku­mente hinge­gen sind an keine bes­timmte Darstel­lung gebun­den, brin­gen aber die notwendi­ge Struk­tur­in­for­ma­tion mit.

Auch andere Prozesse zur Erstel­lung und Erschließung von Geset­zen wer­den durch ein struk­turi­ertes For­mat erle­ichtert. Syn­opsen kön­nen automa­tisch erstellt, Ver­weise auf andere Recht­snor­men mit geringer Fehler­an­fäl­ligkeit auch als „klick­bare“ Links umge­set­zt und automa­tisiert über­prüft wer­den. Wird das struk­turi­erte For­mat auch bere­its im Geset­zge­bungsver­fahren einge­set­zt, ist eine automa­tis­che Umset­zung von Änderungsan­weisun­gen in den neuen Geset­zes­text (und umgekehrt) mit­tels sehr ein­fach­er Soft­warew­erkzeuge möglich. 

Ohne­hin wer­den Bun­des­ge­set­ze auf https://www.gesetze-im-internet.de bere­its in einem XML-For­mat zur Ver­fü­gung gestellt. Die maßge­bliche Fas­sung in einem struk­turi­erten For­mat zu verkün­den hätte Sig­nal­wirkung und würde auch einen ver­lässlichen Aus­gangspunkt für die Ableitung aller weit­eren Darstel­lungs­for­men beitragen.

Ob die Umset­zung dieses Vorschlags unmit­tel­bar mit Inkraft­treten des Geset­zes zur Mod­ernisierung des Verkün­dungs- und Bekan­nt­machungswe­sens möglich ist oder auf­grund notwendi­ger Abstim­mungen erst nach ein­er Über­gangs­frist erfol­gen kann, kön­nen wir nicht ein­schätzen. Jeden­falls ist die Zeit für eine entsprechende geset­zliche Ver­ankerung reif. Dann kön­nte wie fol­gt for­muliert wer­den: „Die Veröf­fentlichung erfol­gt in zumin­d­est einem gängi­gen maschi­nen­les­baren, automa­tisiert auswert- und ver­ar­beit­baren struk­turi­erten Dateifor­mat. Einzel­heit­en wer­den durch Rechtsverord­nung geregelt“.

Sollte ein struk­turi­ertes For­mat für die Geset­zesverkün­dung nicht unmit­tel­bar vorge­se­hen wer­den, möcht­en wir anre­gen, Min­destanforderun­gen an die Bar­ri­ere­frei­heit und Weit­er­ver­ar­beit­barkeit konkret im Gesetz zu verankern.

§ 4 Abs. 2 sieht für die Veröf­fentlichun­gen im amtlichen Teil des Bun­de­sanzeigers keine freie „Ver­w­ert­barkeit“ vor. Im weit­eren Geset­zge­bungsver­fahren sollte geprüft wer­den, ob auch die amtlichen Bekan­nt­machun­gen im Bun­de­sanzeiger wie die Geset­ze für eine freie Ver­w­er­tung geöffnet wer­den können.

  1. Ein­satz des qual­i­fizierten elek­tro­n­is­chen Siegels

Zu begrüßen ist auch, dass nun­mehr von der durch die eIDAS-Verord­nung einge­führten Möglichkeit eines qual­i­fizierten elek­tro­n­is­chen Siegels Gebrauch gemacht wer­den soll. Bish­er waren die im deutschen Recht vorge­se­henen Ein­satzfelder des elek­tro­n­is­chen Siegels begren­zt. So müssen nach dem Geset­zesvorschlag nun­mehr zur Gewährleis­tung der Authen­tiz­ität und der Integrität des Bun­des­ge­set­zblatts jede nach § 3 Absatz 1 oder nach § 8 Absatz 1 aus­gegebene Num­mer mit einem qual­i­fizierten elek­tro­n­is­chen Siegel verse­hen wer­den, um den Nutzerin­nen und Nutzern die Möglichkeit zu ver­schaf­fen, zuver­läs­sig zu erken­nen, dass das Doku­ment tat­säch­lich von der amtlichen Verkün­dungsstelle erstellt wurde und unver­fälscht ist. Auch die Bekan­nt­machun­gen im amtlichen Teil des Bun­de­sanzeigers müssen zukün­ftig mit einem qual­i­fizierten elek­tro­n­is­chen Siegel verse­hen wer­den, um Authen­tiz­ität und Integrität ihrer Inhalte zu gewährleis­ten. Dieses zusät­zliche Sicherungsin­stru­men­tar­i­um, das bish­er fehlte, wird zu Recht nun einge­führt und es bietet einen zusät­zlichen Schutz gegen Manip­u­la­tio­nen und Ver­fälschun­gen. Genau zu diesem Zweck wurde das qual­i­fizierte elek­tro­n­is­che Siegel auch durch die europäis­che Verord­nung vorgesehen.

  1. Änderungsver­bot

Das in § 6 geregelte Änderungsver­bot des Bun­des­ge­set­zblatts und des Bun­de­sanzeigers entspricht dem bish­eri­gen Recht. Neu ist die in § 6 Abs. 2 vorge­se­hene Möglichkeit, per­so­n­en­be­zo­gene Dat­en aus Grün­den ihres Schutzes im Bun­des­ge­set­zblatt unken­ntlich zu machen und einen Hin­weis auf Datum und Grund der Löschung anzubrin­gen. Im Gegen­satz zur nachträglichen Verän­derung von Veröf­fentlichun­gen im Bun­de­sanzeiger ist jedoch eine nachträgliche Verän­derung von Geset­zesverkün­dun­gen neu und schw­er­wiegend. Sie verän­dert damit die Recht­slage – auch wenn die Geset­zes­be­grün­dung dies verneint. Deshalb bedarf es für diese Möglichkeit ein­er stärk­eren Begrün­dung und Beschrei­bung, an welche Fallgestal­tung bei der in § 6 Abs. 2 vorge­se­henen Verän­derungsmöglichkeit gedacht ist. In jedem Fall muss zudem eine Archivierung auch der ursprünglichen Ver­sion der Geset­zesverkün­dung sichergestellt sein. Bei­des ergibt sich bish­er nicht aus der Begrün­dung. Hierüber sollte im weit­eren Geset­zge­bungsver­fahren Klarheit geschaf­fen wer­den.

  1. Ver­füg­barkeit

Die Regelun­gen im 2. Abschnitt des Ref­er­ente­nen­twurfs zu Verkün­dun­gen und Bekan­nt­machun­gen in beson­deren Fällen (ins­beson­dere Ersatzverkün­dun­gen und Ersatzbekan­nt­machun­gen) sind plau­si­bel und daher zu begrüßen. In § 8 Abs. 2 Satz 2 soll­ten jedoch neben den Bib­lio­theken und Behör­den auch die Gerichte erwäh­nt wer­den. Es fehlt allerd­ings eine Regelung für die anzus­trebende Ver­füg­barkeit im Nor­mal­fall. In der Pri­vatwirtschaft wer­den in sog. Ser­vice Lev­el Agree­ments für Dien­stleis­tun­gen wie die Bere­it­stel­lung von Web­sites entsprechende Ver­füg­barkeit­en (z.B. 99,9% im Jahresmit­tel) sowie Zeit­fen­ster für geplante Wartungsar­beit­en oft konkret fest­gelegt. Die Vor­gabe eines entsprechen­den Ziels für die elek­tro­n­is­che Verkün­dung bzw. Bekan­nt­machung wäre der Bedeu­tung des Vorhabens angemessen und kön­nte zumin­d­est als Richtschnur dienen – selb­st wenn konkrete Rechts­fol­gen bei ein­er Ver­let­zung der Vor­gabe aus­bleiben. Die vorge­se­henen Regelun­gen zur dauer­haften Auf­be­wahrung und Sicherung des Beweiswertes (§§17 und 18) sind zu begrüßen, da sie auch dem Stan­dard ähn­lich­er Regelun­gen auf Lan­desebene entsprechen und die langfristige Sicher­heit und Les­barkeit der verkün­de­ten Nor­men sicherstellen.


[1] Art.81 Abs. 4 BbgVerf.

[2] Art. 123 Abs 4 BremVerf.

[3] Art. 102 Satz 2 SLVerf.

[4] Art. 120 Satz 2 Ver­fas­sung des Lan­des Hessen

[5] Art. 297 AEUV. Verord­nung (EU) Nr. 216/2013; siehe Veröf­fentlichung auf https://eur-lex.europa.eu/oj/all/auth-direct-access.html, abgerufen am 25. April 2022: „Ab dem 1. Juli 2013 ist die elek­tro­n­is­che Aus­gabe des Amts­blatts (e‑ABl.) verbindlich.“

Getagged mit: , ,