EDV-Gerichtstag sieht Fortentwicklung der Justiz-IT als wesentliche Zukunftsfrage
Projektgruppe „LegalVision“ erarbeitet Perspektiven zur Anwendung moderner Justiz-IT
Saarbrücken, 19.09.19 – Der Deutsche EDV-Gerichtstag e. V. sieht derzeit noch großes Verbesserungspotenzial bei den Möglichkeiten der Justiz-IT. Dies gilt insbesondere für den Umgang mit digitalen Massendaten, KI-unterstützten Verfahren und modernen Arbeitsplätzen. Der gemeinnützige Verein hat sich zum Ziel gesetzt, in seiner Mittlerfunktion an der Schnittstelle von Wissenschaft, Praxis und Wirtschaft neue Impulse zu setzen und eine konstruktive und lösungsorientierte Diskussion anzustoßen.
Hierzu sollen im Rahmen der dauerhaften Projektgruppe „LegalVision“ Perspektiven zur Anwendung moderner IT in der Justiz erarbeitet werden. Nachdem auf einer Auftaktveranstaltung am 13. Juni 2019 in Berlin die Anforderungen in den Schwerpunktthemen „digitaler Strafgerichtssaal“ und „elektronische Strafanzeige“ diskutiert und die Bedürfnisse von Praktikern sowie Fachwissen von Wissenschaft und Wirtschaft eingeholt wurden, kommt es im Rahmen des diesjährigen EDV-Gerichtstages an der Universität des Saarlandes zur ersten „LegalVision Proof of Concept – Show“. Während der gesamten Fachtagung ist der „Digitale Strafgerichtssaal“ im Audimax aufgebaut. Dort werden Kernfunktionen wie etwa die automatische Aufzeichnung und Protokollierung der Hauptverhandlung, die umfassende Visualisierung von Akten und Beweismitteln im Gerichtsaal und die Nutzung virtueller Realität zur Erschließung von Tatortgegebenheiten umgesetzt.
Außerdem soll mithilfe eines interaktiven Chatbots, der auf dem EDV-Gerichtstag 2019 präsentiert wird, aufgezeigt werden, wie die Erstattung von Strafanzeigen intelligent und bürgernah umgesetzt werden kann. Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt und Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) erklärt hierzu: „Strafverfolgung setzt – gerade bei dem derzeit heiß diskutierten Thema Hass und Hetze im Internet – immer voraus, dass die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Kenntnis von möglichen Straftaten erhalten. Wir wollten daher eine möglichst niedrigschwellige Möglichkeit der Anzeigeerstattung für den Bürger entwickeln, die gleichzeitig eine ausreichende Beweissicherung zur Prüfung des Anfangsverdachts ermöglicht. Zu diesem Zweck wurde als Hilfestellung für Strafanzeigen der Chat-Bot „Justitia“ entwickelt. Er führt durch die Anzeigeerstattung, fragt die erforderlichen Angaben ab, sichert Screenshots, ruft die zugehörigen Daten von den sozialen Plattformen ab und führt diese in einem standardisierten Anzeigeformular zusammen.“ Das Projekt ist ein weiteres Modul von „Verfolgen statt nur Löschen“ und stellt eine komplementäre Komponente dar, Justiz mit intelligenter IT auch im digitalen und Medienzeitalter effektiver handlungsfähig zu machen.