Landesbericht Brandenburg
Von der Idee zum Projekt — Vertrags- und Beschaffungsfragen -
von Gerhard Ballewski — Potsdam
Die Beschaffung von Computertechnik und von Programmen für Justizbehörden erfordern vor allem Erfahrung und Kenntnisse der VOL sowie der Besonderen Vertragsbedingungen (BVB). Sie sollten jedoch mit anderen Behörden am Ort/im Land und mit anderen Justizbehörden in anderen Ländern ständig abgestimmt werden.
Die Erstbeschaffung von PC usw. ist in der Regel vergabe- und vertragsrechtlich noch relativ unkompliziert. Schwerwiegender ist die wirtschaftliche Folgeplanung von dedizierten System- und Verfahrensbeschaffungen für die nächsten Jahre, da meist Wirkungen durch die ersten Verträge ausgelöst werden. Hier sind die vielfältigen Fragen: GU-Vertrag, Gesamtwirtschaftlichkeit, Softwareentwicklungsverträge, Wartungsverträge, Up-date-Kosten, Betreuung, Preisgleitklauseln bei Mehrjahresverträgen, Mixed-Hardware und ‑Software, Haftung für Mängel usw. zu bearbeiten.
Neuerdings erhalten Fragen der Ergonomie, der Sicherheit und der Qualität der Produkte und Dienstleistungen sowie nach der Wirkung von EU-Richtlinien und der Beteiligungsrechte von Personalvertretungen zunehmende Bedeutung.
Abschließend sind Fragen der Organisation der Beschaffung in der Justiz darzustellen, von dem Kauf durch den Amtsgerichtsdirektor bis zur landesweiten Beschaffung auf der Basis von Landes-Rahmenverträgen.
Strukturelle Veränderungen und IT-Einsatz in der Justiz
Im Land Brandenburg erfolgte, wie in den übrigen Neuen Ländern auch, der Aufbau der Justiz von Anfang an mit Einbeziehung moderner Informations- und Kommunikationstechnik.
In den Grundbuchämtern wurde SOLUM von Beginn an flächendeckend eingesetzt, ebenso in der zentralen Bearbeitungsstelle für Grundbuchsachen in Basdorf.
Das Handelsregister wird in Brandenburg mit einer mittleren Konzentration auf vier Registergerichte geführt. Im Einsatz ist flächendeckend das Verfahren HAREG II, Stufe 3. Da HAREG von Beginn an verwendet wurde, steht der gesamte Registerbestand auf elektronischen Medien zur Verfügung, so daß die Umstellung auf ein vollelektronisches Handelsregister in Brandenburg keinen Nacherfassungsaufwand verursachen wird.
Nachdem zunächst der Einsatz von Informationstechnik vor allem in den für einen schnellen wirtschaftlichen Aufbau zentralen Bereichen Grundbuch und Handelsregister erfolgte, stehen mittlerweile die Gerichte und Staatsanwaltschaften im Vordergrund. Mit MEGA konnte im Verbund mit den Ländern Thüringen und Schleswig-Holstein eine hardwareunabhängige Client-Server-Lösung geschaffen werden, die im Eigentum der Länder steht. 4 Pilotgerichte in Brandenburg sind mittlerweile voll ausgestattet. Die Erfahrungen sind positiv, eine flächendeckende Ausstattung aller Behörden in einem überschaubaren Zeitraum ist beabsichtigt.
Für die Verwaltungsgerichte und das Finanzgericht hat sich Brandenburg für das System GEORG entschieden. Beim Finanzgericht ist die Vollausstattung (HP-Server, PC-Clients) bereits erfolgt, die Ausstattung der Verwaltungsgerichte erfolgt nach einem Stufenplan entsprechend der Dringlichkeit.
Noch am Anfang steht die Einführung von Informationstechnik bei den vier Staatsanwaltschaften. Diese verfügen bislang lediglich über eine EDVgestützte behördeninterne Namenskartei sowie über autonome PCSysteme. Auch in diesem Bereich ist ein Mehrländerprojekt mit dem Ziel einer herstellerunabhängigen Client-Server-Lösung, die alle Arbeitsplätze gleichermaßen integriert, beabsichtigt. Bis zum Zeitpunkt der Errichtung des Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters beim BZR in Jahr 1998 soll die Ausstattung der Staatsanwaltschaften weitgehend abgeschlossen sein.
Zeitgleich zur Einführung von Informationstechnik werden auch in Brandenburg Projekte zur Umsetzung der Erkenntnisse der Kienbaum-Untersuchungen durchgeführt. Die strukturellen Veränderungen in der Justiz aufgrund der Errichtung von Serviceeinheiten werden an zwei Landgerichten und vier Amtsgerichten erprobt. Die bisherigen Erfahrungen zeigen deutlich, daß organisatorische Veränderungen ohne den Einsatz modernern Informationstechnik nur suboptimal wirken und daß zum anderen nachhaltige Veränderungen im Bereich der Ausbildungsordnungen und auch im Tarif- und Laufbahnrecht erfolgen müssen. Insoweit unterscheiden sich die hiesigen Erkenntnisse nicht von denen der anderen Bundesländer.
Der derzeitige Stand der Automatisierung (besser: der Informatisierung) der Brandenburgischen Justiz ist zwar noch ncht optimal, kann sich aber — auch im Vergleich mit den alten Ländern — durchaus sehen lassen. Als kleines Bundesland wird nur der Verbund mit anderen Ländern eine finanzierbare Gesamtlösung und — mittelfristig — eine flächendeckende Ausstattung ermöglichen. Hier ist Brandenburg auf dem richtigen Weg.