Landesbericht Mecklenburg-Vorpommern
Überblick über DV-Planungen und Strukturelle Veränderungen
I. Stand der Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften mit Geräten und Verfahren der Informationstechnik (Januar 1996)
Die Justiz des Landes Mecklenburg — Vorpommern umfasst das Oberlandesgericht, 4 Landgerichte und 31 Amtsgerichte, die Generalstaatsanwaltschaft und 4 Staatsanwaltschaften, das Landesarbeitsgericht und 4 Arbeitsgerichte, das Oberverwaltungsgericht und 2 Verwaltungsgerichte, das Landessozialgericht und 4 Sozialgerichte, das Finanzgericht, die Justizvollzugsanstalten mit insgesamt knapp 4300 Bediensteten.
Die Landesjustizverwaltung Mecklenburg-Vorpommern hat sich 1991 für den Aufbau einer technisch und organisatorisch modernen IT-Landschaft entschieden. Tragend waren insbesondere die folgenden Gesichtspunkte:
- Ausstattung aller Arbeitsplätze in der Justiz, auch die der Dezernenten (Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger);
- rascher Aufbau von PC-Netzwerken bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften mit ‑echtem- multitaskingfähigen Betriebssystem (OS/2 2.x, LAN-Server, Server und Arbeitsplatzrechner ab i 486, ab12 MB HS) und damit auch Zugang zu allen Standardanwendungen (Industriestandard: MS/PC-DOS, MS-Windows);
- Einsatz einer einheitlichen Justizanwendungslösung mit hoher Funktionalität (konsequente client-server Architektur) bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften (ARGUS);
- Integration einer modernen Standardtextverarbeitung (Lotus AmiPro) in die Justizanwendung (ARGUS);
- programmtechnische Unterstützung der Dezernenten (Schlagwort: Richterarbeitsplatz) durch die einheitliche ARGUS-Software (auch z.Bsp. Versorgungsausgleich), Textverarbeitung und Bereitstellung von Rechtsinformationssystemen (juris, CD-ROM-Anwendungen).
Im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften wird im ersten Quartal 1996 ein Gesamtausstattungsgrad (einschließlich der Dezernenten) von knapp 80 % aller Arbeitsplätze (ca. 2.500 Bildschirmarbeitsplätze in 80 Netzen) erreicht sein. ARGUS wird bei den Amtsgerichten in Zivil‑, Familien‑, Grundbuch‑, Nachlaß‑, Register- und Vollstreckungssachen, bei einem Landgericht in Zivilsachen (Pilotierung Herbst 1995), bei allen Staatsanwaltschaften, bei allen Arbeitsgerichten und bei einem Verwaltungsgericht (Pilotierung seit Sommer 1995) eingesetzt. ARGUS zeichnet sich durch eine hohe Funktionalität aus, bildet jede Geschäftsverteilung ab (automatische Aktenzeichenvergabe auch bei komplizierten, tiefgestaffelten Geschäftsverteilungen), unterstützt die Geschäftsstellenarbeiten (u.a. Register, Kalender, Verzeichnisse, Aktenkontrolle) und verfügt über eine Schnittstelle zu einer Standard-Textverarbeitung. In vielen Bereichen wird anhand der eingearbeiteten Prozeßlogik das erforderliche Schreibwerk weitestgehend automatisch erstellt. Die Zählkartenergebnisse werden zunehmend papierlos an das Statistische Landesamt übermittelt. Die restlichen Gerichte verwenden derzeit noch reine Textverarbeitungslösungen im Netz. Einzelrechner (stand alone PC) für die Textverarbeitung sind nur noch Ausnahme. Juris und CD-ROM — Anwendungen stehen bereits bei vielen Gerichten und einer Staatsanwaltschaft im Netz, d.h. an jedem einzelnen Arbeitsplatz zur Verfügung.
II. IT-Planungen für 1996 ff.
Der Ausstattungsgrad wird weiter erhöht, der Betriebssystemstand wird landesweit angehoben (OS/2 Warp, LAN-Server 4.0). Standardmässig wird eine Tabellenkalkulation, eine Datenbank und ein persönlicher Kalender (OS/2 Works) installiert. Die Justizanwendung ARGUS wird 1996 bei den restlichen Gerichten eingesetzt werden können (Fertigstellung der Zählkarten-Statistiken zu Registerzeichen). Damit wird das 1991 gesetzte Ziel erreicht sein, eineeinheitliche Software für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Verfügung zu haben. Die flächendeckende Einführung mit den notwendig einhergehenden Schulungen und Organisationsänderungen wird den größten Teil der hier zur Verfügung stehenden Kräfte binden.
Schwerpunkte der weiteren Entwicklung werden Vorbereitungen zum “elektronischen” Grundbuch und der Datenaustausch mit Externen (Katasterämter, Bundeszentralregister, Landesverfahren profiskal für das Haushalts‑, Kassen- und Rechnungswesen, Staatsanwaltschaften-Gerichte , Staatsanwaltschaften-Polizei) sein. Der Verfahrensdatenaustausch zwischen Staatsanwaltschaften und Gerichten ‑später auch zwischen den Gerichten- wird erleichtert durch die einheitliche Softwarelandschaft. Datenschutzgesichtspunkte müssen dabei streng beachtet werden.
Alle diese weiteren Entwicklungen setzen die Nutzung eines leistungsfähigen Landesdatennetzes voraus. Dies soll in Zukunft auch für die Wartung der Systeme genutzt werden.
Parallel zu diesen Funktionalitätserweiterungen wird die systemtechnische Weiterentwicklung von ARGUS betrieben (Reengeniering, modernere Entwicklungsumgebung ‑Visual Age- mit graphikorientierter Benutzerschnittstelle, Einbindung einer modernen Datenbank ‑DB/2-). Einer solchen Weiterentwicklung wird unter besonderer Berücksichtigung unserer hohen Anforderungen an die Funktionalität bei den knappen Personal- und Finanzressourcen derzeit der Vorzug gegenüber einer Neuentwicklung auf der Basis von Standardanwendungen (z.Bsp. MS Access, Lotus-Notes) gegeben.
III. Strukturelle Veränderungen
Die Landesjustizverwaltung Mecklenburg-Vorpommern hat schon lange Strukturelle Veränderungen in der Justiz durch Schaffung von Service-Einheitenunter Einbindung der Dezernenten gefördert. Die Justizanwendungssoftware ARGUS unterstützt nämlich die moderne, teamorientierte Arbeit dadurch, daß sie mit ihrem hohen Automatisierungsgrad die Aufgabenkonzentration im Bereich der Bürodienste (Geschäftsstellen und Kanzlei) geradezu verlangt und alle notwendigen Basisfunktionen für die Dezernenten (z.Bsp. Verfahrensauskunft, Kalender, Anwaltsverzeichnis, Versorgungsausgleich, Bausteinverarbeitung, mit den Verfahrensdaten gemischte Beschluß- und Urteilsköpfe in der Standardtextverarbeitung) vorhält. Dies und der hohe IT-Ausstattungsgrad sind mit der Hintergrund für die angestebte rasche Umsetzung der Beschlüsse der 66. Konferenz der Justizministerinnen und ‑minister im Juni 1995 zu den notwendigen Strukturellen Veränderungen in der Justiz. Viele Gerichte haben eine entsprechende Reorganisation im Zuge der IT-Ausstattung bereits durchgeführt. Die flächendeckende Umsetzung soll nach Maßgabe eines mit den Richter- und Personalvertretungen abgestimmten Landeskonzeptes Mitte 1997 abgeschlossen werden. Ein deutliches Hemmnis bei der Reorganisation sind allerdings die noch extrem schlechten räumlichen Verhältnisse bei einigen der Gerichte.