Landesbericht Niedersachsen
Überblick über den Stand des IuK-Einsatzes, Planungen und strukturelle Veränderungen
I. Übersicht über die eingesetzten IuK-Verfahren bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie bei den Justizvollzugsanstalten
Die Landesjustizverwaltung Niedersachsen hat im Jahre 1987 eine umfassende Automatisierung des Geschäftsbetriebs der Justizbehörden des Landes beschlossen.
Das datentechnische Realisierungskonzept sieht vor, in den Geschäftsstellen und den Schreibdiensten der Behörden der niedersächsischen Justizverwaltung die Möglichkeiten der IuK-Technik zur Beschleunigung der Verfahren, zur Erleichterung der Entscheidungsfindung und zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege mit dem Ziel der flächendeckenden Versorgung zu nutzen.
Schwerpunkte des IuK-Technik-Einsatzes bei den ordentlichen Gerichten, den Staatsanwaltschaften, der Fachgerichtsbarkeit und den Justizvollzugsanstalten bilden die Verfahren SIJUS-Amtsgerichte, SOLUM, EUREKA, SIJUS-STRAF-StA, GEORG und BASIS.
Ende 1995 waren die auf Mehrplatzanlagen ablaufenden Automationsverfahren SIJUS-Amtsgerichte zur Unterstützung der Geschäftsstellen und Schreibdienste für Mobiliarzwangsvollstreckungs- und Familiensachen sowie der Textver- und Textbearbeitung in allen übrigen Sachgebieten bei 44 von 80 niedersächsischen Amtsgerichten mit insgesamt 919 Bildschirmarbeitsplätzen und SOLUM zur automationsunterstützten Führung des Grundbuchs bei 65 Amtsgerichten mit 826 Bildschirmarbeitsplätzen eingesetzt. Daneben besteht die Möglichkeit, daß die mit SOLUM arbeitenden Grundbuchämter die Eigentümer‑, Flurstücks- und Straßendatei des katasterlichen Auskunftssystems LBBENZ des Verfahrens ALB nutzen.
Im übrigen wird derzeit von niedersächsischen Justizangehörigen das Verfahren EUREKA (EDV-Unterstützung für Rechtsgeschäftsstellen und Kanzleien) mit einer Client-Server-Architektur entwickelt, das längerfristig sämtliche Arbeitsgebiete der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterstützen soll und eine Vernetzung auch mit den bereits vorhandenen UNIX-Technern nicht ausschließt.
Für den Bereich der amtsgerichtlichen Zivilprozeßsachen (EUREKA-ZIV) ist die Entwicklung des Verfahrens abgeschlossen. Das Programm bildet die Geschäftsverteilung ab (automatische Aktenzeichenvergabe) und bietet die Möglichkeiten zur Aufnahme der Verfahrens- und Beteiligtendaten in einer Datenbank und die Nutzung dieser Daten durch Geschäftsstellenbedienstete und Schreibkräfte (u.a. Aktenkontrolle einschließlich Fristen- und Terminsüberwachung, Bearbeitung der Zählkarten einschließlich Übertragung auf Datenträger für das Landesamt für Statistik, Prozeßregister und Verhandlungskalender, Schriftguterstellung, Kostenberechnung und Erstellung der Kostenvordrucke). Richterinnen und Richter sowie Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sollen eingebunden werden. EUREKA wird derzeit bei zwei Amtsgerichten eingesetzt. Für 1996 ist der Einsatz bei weiteren Amtsgerichten geplant.
Die Arbeitsabläufe in den Geschäftsstellen und Kanzleien in bislang 7 von 11 niedersächsischen Staatsanwaltschaften mit insgesamt 582 Bildschirmarbeitsplätzen unterstützt das auf Mehrplatzanlagen ablaufende Verfahren SIJUS-STRAF-StA. Die Verfahrenskomponente MIREG unterstützt die Abwicklung der Mitteilungen zum Bundes- und Verkehrszentralregister auf dem Leitungsweg per Datex‑P (künftig EURO-ISDN).
Das Programmpaket GEORG (Gerichtsorganisation) zur Unterstützung der Geschäftsstellen und Schreibdienste bei den Fachgerichten wird auf Mehrplatzanlagen mit dem Betriebssystem ITOS bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, bei 6 Verwaltungsgerichten, bei dem Niedersächsischen Finanzgericht, bei dem Landessozialgericht Niedersachsen sowie bei 3 Sozialgerichten mit insgesamt 355 Bildschirmarbeitsplätzen eingesetzt.
Das Verfahren BASIS ist eine umfassende DV-Organisationslösung zur Automation der Verwaltung und Abwicklung aller Bearbeitungsvorgänge in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten. Gleichzeitig werden alle Vollzugsbereiche über ein Informations- und Kommunikationssystem mit den verwalteten Daten versorgt. BASIS wird mit unterschiedlichen Teilkomponenten z.Zt. bei 24 von 25 niedersächsischen Justizvollzugsanstalten mit insgesamt ca. 430 Bildschirmarbeitsplätzen eingesetzt.
Zur Automationsunterstützung der Dezernatsarbeitspätze (Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger) kommen Personalcomputer (ggf. in vernetzter Form) mit Standard- sowie Individualsoftware für die verschiedensten Arbeitsbereiche zum Einsatz (z.B. Berechnungsprogramme für Familien‑, Kosten- oder Verkehrssachen sowie Spezialprogramme für die Verwaltung). Hinzu kommt die Möglichkeit des Zugriffs — über angeschlossene CD-ROM-Laufwerke — auf Rechtsprechungsdatenbanken (.B. BGH-DAT, NJW-Leitsatzkartei) oder hauseigene Datenbanken. Im übrigen sind bei 15 Justizbehörden juris-online-Anschlüsse installiert worden.
II. Planungen
Neben dem flächendeckenden Einsatz der Verfahren SOLUM, EUREKA-ZIV, SIJUS-STRAF-StA, GEORG und BASIS ist die Weiterentwicklung von EUREKA zunächst für die Vollstreckungs- und Familien-sachen sowie für die Zivilsachen bei den Landgerichten und Oberlandesgerichten in 1996 beabsichtigt. Danach sollen weitere Aufgabenbereiche der Amts- und Landgerichte erschlossen werden.
Daneben werden derzeit die Möglichkeiten eines automatischen Datenaustausches zwischen der Katasterverwaltung und den Grundbuchämtern untersucht.
Für den Bereich Staatsanwaltschaften ist die Weiterentwicklung von SIJUS-STRAF-StA, die die Realisierung einer Datenaustauschschnittstelle umfaßt, in Auftrag gegeben.
Das Verfahren GEORG soll ab 1996 als Client-Server-Version mit dem Betriebssystem WINDOWS-NT bei neu auszustattenden Gerichten zum Einsatz kommen.
Auch im Bereich der Justizvollzugsanstalten ist geplant, schrittweise unter Abkehr von den ursprünglich eingesetzten Mehrplatzsystemen Netzwerke mit PC’s in einer Client-Server-Architektur aufzubauen.
III. Strukturelle Veränderungen
Niedersachsen beabsichtigt, den Beschluß der 66. Konferenz der Justizministerinnen und ‑minister vom 12. bis 14. Juni 1995, daß unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen und personellen Verhältnisse in den Justizbehörden Service-Einheiten geschaffen werden sollen, zügig umzusetzen.
Die Behördenleiterinnen und ‑leiter sind daher gebeten worden, Service-Einheiten mit dem Ziel ganzheitlicher Arbeitsfelder auf Mischarbeitsplätzen einzureichten. Dabei soll im wesentlichen von folgenden Grundsätzen ausgegangen werden:
- Die bisherige arbeitsteilige Aufgabenerledigung soll so weit wie möglich reduziert und längerfristig vollständig aufgegeben werden.
- Das sog. kleine und das standardisierte Schreibwerk, die bisher noch vielfach in der Kanzlei erledigt werden, sollen auf dem Mischarbeitsplatz in der Geschäftsstelle erledigt werden.
- Die räumliche Nähe und organisatorische Zuordnung von Dezernenten und Geschäftsstelle soll möglichst hergestellt werden.
Sämtliche Verfahren zur Geschäftsstellenautomation, die in Niedersachsen eingesetzt werden, eignen sich zum Einsatz in Service-Einheiten. Diese sollen daher vorrangig bei den Behörden mit automationsunterstützter Geschäftsstellenverwaltung eingerichtet werden. Allerdings sollen sich die übrigen Behörden ebenfalls um die Bildung von Service-Einheiten bemühen.
Erste — positive — Ergebnisse sind bereits jetzt zu verzeichnen.
Die flächendeckende, vollständige Umsetzung wird jedoch noch längere Zeit in Anspruch nehmen.