Landesbericht Schleswig-Holstein
Überblick über DV-Planungen und strukturelle Veränderungen in der Landesjustizverwaltung Schleswig-Holstein
Der Einsatz von Informationstechnik in der Justiz ist bereits frühzeitig als ein Instrument zur Verfahrensbeschleunigung und zur Erhöhung der Arbeitsqualität erkannt worden.
So sind auf der Grundlage des Rahmenplans zum IT-Einsatz in der Justiz aus dem Jahr 1987 verschiedene Gerichte mit sogenannten Eritron-Zentraleinheiten (einem Textverarbeitungssystem auf Abteilungsrechnerebene mit Eingabeterminals) ausgestattet worden.
Neben dieser reinen Textverarbeitungssoftware sind Geschäftsstellenautomationsprogramme wie beispielsweise GRUBE (Grundbucheintragung), EVI (Eidesstattliche Versicherung), ASTAG (Ladungsprogramm in Strafsachen) und REGEL (Regelunterhaltsfestsetzung) eingeführt worden.
Im Bereich der Staatsanwaltschaften kommt bereits seit Anfang der achtziger Jahre das Verfahren GAST SH (Geschäftsstellenautomation derStaatsanwaltschaften des Landes Schleswig-Holstein) zum Einsatz.
In Weiterentwicklung des IT-Konzeptes aus dem Jahre 1987 sind ferner ab 1992 bei Gerichten und Staatsanwaltschaften des Justizressorts verstärkt moderne PC-Netze aufgebaut worden.
Im Einzelnen lassen sich die in Schleswig-Holstein eingesetzten Installationen für Datenverarbeitung- und Textverarbeitung wie folgt beschreiben:
Bei den vier Landgerichten und dem Amtsgericht Schwarzenbek werden in Teilbereichen die Softwareprodukte SIJUS und BUTLER in PC-Netzen (Vernetzte Personal Computer) eingesetzt.
Das Programmpaket SIJUS-ZIVIL-LG dient der Verwaltung landgerichtlicher Zivilsachen. Stammdaten können sowohl unter SIJUS wie auch mit der Bürokommunikationssoftware BUTLER verarbeitet werden. Bei dem Amtsgericht Schwarzenbek wird das Softwareprodukt SIJUS-FAMILIE in einer Geschäftsstelle für Familiensachen eingesetzt.
Die EDV bei den Staatsanwaltschaften steht zur Zeit auf zwei Säulen. Zum einen wird das Verfahren GAST SH zur Geschäftstellenautomation auf dem Großrechner der Datenzentrale Schleswig-Holstein eingesetzt, zum anderen wird für die Kommunikation in den Behörden die Bürokommunikations-Software BUTLER eingesetzt. Auf den Dezernentenarbeitsplätzen — insbesondere in den Wirtschaftsabteilungen — wird desweiteren Individualsoftware (wie z.B. Tabellenkalkulations- und Datenbankprogramme) eingesetzt.
Die Staatsanwaltschaften des Landes sind mittlerweile weitgehend mit PC-Netzen ausgestattet.
In der Sozialgerichtsbarkeit wird neben der Bürokommunikationssoftware BUTLER das Verfahren LISA (“Landeseinheitliches Informationsverarbeitungssystem für die Sozialgerichtsbarkeit, Ausbaustufe 1”) zur Automation der Geschäftsstellentätigkeit eingesetzt.
Die traditionellen Arbeitsabläufe der Justiz müssen weiter modernisiert werden. Unabdingbare Voraussetzung für entsprechende Reformen, insbesondere die Veränderung von Organisationsstrukturen ist die Unterstützung der Arbeitsabläufe durch eine dafür geeignete Informationstechnik.
Im Rahmen einer Drei-Länder-Kooperation (Schleswig-Holstein, Brandenburg, Thüringen) ist deshalb in Zusammenarbeit mit einer privaten Firma die IT-Lösung MEGA (Mehrländer-Gerichts-Automation) entwickelt worden.
MEGA ist eine herstellerunabhängige Anwenderlösung der Justiz, die sich für Hard- und Software ausschließlich auf Standardprodukte stützt. Die zukünftigen Investitionsentscheidungen der Landesjustizverwaltungen sind damit weitgehend frei von den Einflüssen der Herstellerfirmen, da der Wettbewerb bei der Beschaffung stärker zur Geltung kommt als bei speziellen Firmenlösungen.
Die Lösung orientiert sich konsequent an technischen Normen und Standards und entspricht den Leitlinien für die IT-Infrastruktur in der Landesverwaltung Schleswig-Holstein.
Die im Modellgericht Plön bereits umfassend erprobte Software ist ein besonders geeignetes Werkzeug zur Optimierung von Arbeitsabläufen. Sie schafft die technischen Infrastrukturen, die es ermöglichen, Informationen jederzeit allen berechtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gezielt zur Verfügung zu stellen.
In allen Amtsgerichten sollen mittelfristig sämtliche Arbeitsplätze der Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie des Büro- und Schreibdienstes nach dem Vorbild des Amtsgerichts Plön ausgestattet werden.
Über die im MEGA-Projekt vorgesehenen Anwendungen hinaus ist die Automatisierung des Grundbuchwesens (Ersatz des “Papier-Grundbuchs” durch ein vollelektronisches System mit externen Abfragemöglichkeiten) eines des nächsten Großvorhaben. Mit den Vorbereitungsarbeiten ist begonnen werden. Konkrete Aussagen zu den Kosten können noch nicht gemacht werden.
Im Bereich der Staatsanwaltschaften soll im Verbund mit zwei weiteren Landesjustizverwaltungen analog zur MEGA-Lösung eine einheitliche Automationslösung entwickelt werden.
In der Verwaltungsgerichtsbarkeit und bei dem Finanzgericht ist der Aufbau eines modernen Bürokommunikationssystems geplant.
Das Justizministerium betreibt die Umsetzung der Ergebnisse des Forschungsvorhabens “Strukturanalyse der Rechtspflege” mit hoher Priorität. Die weitere Umsetzung erfolgt zweigleisig:
- Im Amtsgericht Plön ist modellhaft erprobt worden, welche Maßnahmen in welchem Zeitraum und unter den bestehenden Rahmenbedingungen Schleswig-Holsteins verwirklicht werden können. Das Amtsgericht Plön als Gericht “mittlerer Größe” bot dabei nach der Kienbaum-Studie die besten Voraussetzungen für den Versuch einer Optimierung der Ziele Nutzerfreundlichkeit und Effizienz. Die mittlerweile im Modellgericht gewonnenen Erfahrungen und Ergebnisse werden nach Maßgabe der verfügbaren Mittel nunmehr schrittweise auf die anderen Amtsgerichte des Landes übertragen werden.
- Die Empfehlungen der Kienbaum-Studie werden ‑soweit es die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das derzeit geltende Tarifrecht, und die örtlichen Möglichkeiten zulassen — bei der Umstrukturierung in vollem Umfang berücksichtigt.
Anstelle der früheren, strengen Trennung zwischen Geschäftsstelle und Kanzlei entstehen in allen dafür geeigneten Bereichen “Serviceeinheiten”, die mit zwei bis drei Beschäftigten besetzt sind. Die Zuständigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Serviceeinheit folgt dem Prinzip der persönlichen Zuordnung zum richterlichen Spruchkörper (in Zivil‑, Familien- und Strafsachen) bzw. zur Rechtspflegerin oder zum Rechtspfleger (in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Allerdings läßt sich nicht in allen Fachbereichen eine deckungsgleiche Zuständigkeit von Spruchkörpern und Unterstützungskräften realisieren, weil unterschiedliche Auslastungen durch zusätzliche Aufgaben aus anderen Fachbereichen ausgeglichen werden müssen.
Organisationsoptimierung
- Serviceeinheiten
- ADV-Stellen
- Aufgabenverteilung
- Behördenleiter
Die Einrichtung von “Serviceeinheiten” hat die Aufhebung der strengen Trennung zwischen Geschäftsstelle und Kanzlei zum Ziel; ihre optimale Funktionalität werden Serviceeinheiten nur erreichen, wenn die Beschäftigten der Serviceeinheiten persönlich dem richterlichen Spruchkörper bzw. der Rechtspflegerin oder dem Rechtspfleger zugeordnet sind, d.h., wenn insgesamt eine Arbeitseinheit, ein Team entsteht. Eine optimale EDV-Unterstützung muß diesem Gedanken Rechnung tragen und von der Software her ganzheitlich ausgerichtet sein, also alle Funtionsbereiche des Teams unter einer komfortablen Oberfläche unterstützen.
Diese Anforderungen werden nur erfüllt werden können, wenn in den Justizbehörden moderne technische Infrastrukturen geschaffen werden, deren (komplexe) technische Betreuung nach einer konkreten, abgestuften Aufgabenverteilung (z.B. IT-Stellen der Behörden, übergeordnete ADV-Stellen, landesweite Betreuung über ein WAN) organisiert ist.
Bei aller Komplexität der Technik mit ihren kurzen Innovationszyklen: Wir nutzen die Technik als Unterstützungswerkzeuge für die Arbeit der Justizbehörden. Die Technik darf keine “Blackbox” innerhalb der Organisation sein, sie ist vielmehr Bestandteil dessen. Auch die Behördenleitung muß sich ihrer Verantwortung über den Einsatz, die Nutzung und die Betreuung dieser Technik bewußt sein.