Entscheidungsunterstützungssysteme
Zeit: | Freitag, 9.00 Uhr |
Ort: | HS 117 |
Moderation: | Herr Prof. Dr. Maximilian Herberger, Saarbrücken |
Beschreibung
Die Bezeichnung “Expertensysteme” ruft unter Juristen noch immer verläßlich Vorurteile auf den Plan. Deswegen trägt der Arbeitskreis nach amerikanischem (“decision support systems”, abgekürzt als DSS) und französischem (“systèmes d’aide à la décision”) Vorbild den Titel “Entscheidungsunterstützungssysteme”. Gegen die Unterstützung der Entscheidung durch EDV-Hilfsmittel sollte niemand etwas einzuwenden haben.
Trotzdem hat auch in dieser bescheideneren Fassung das Thema unter Juristen keine Hochkonjunktur. Welches die Ursachen dafür sind, soll einleitend kurz überlegt werden. Eine Problematik, die die Zurückhaltung mit erklärt, dürfte darin liegen, daß die Konstruktion von Entscheidungsunterstützungssystemen eine außerordentlich rigorose Analyse des Entscheidungsvorgangs voraussetzt und auch dort zu Präzisierungen zwingt, wo man in anderen, weniger strengen Umgebungen, Voraussetzungen im Unklaren lassen kann. Hinzu kommt, daß der praktische Einsatz von Entscheidungsunterstützungssystemen vom Planerischen und der Akzeptanz her (letzteres aus dem eben genannten Grunde) besondere Anforderungen stellt.
Den einleitenden grundsätzlichen Überlegungen sollen Kurzberichte aus der Praxis folgen.
ARBIS
Die im arbeitsrechtlichen Informationssystem ARBIS realisierte Konsultationskomponente dürfte gegenwärtig in Deutschland das Entscheidungsunterstützungssystem mit der größten Breitenwirkung sein. Dieser beachtliche Ansatz, der allerdings noch Raum für naheliegende Verbesserungen läßt, soll deshalb zu Beginn betrachtet werden (vgl. zu ARBIS jur-pc 1994, S. 2534–2539 und über den ARBIS-Dialog zu § 128 AFG S. 2871, 2893–2899, 2900–2901).
JUREX
Das Programm JUREX (von Uwe Hartleb), das beim letzten EDV-Gerichtstag vom Autor ausführlich vorgestellt wurde (vgl. die Kurzbeschreibung in der Broschüre zum 4. Deutschen EDV-Gerichtstag 1995, S. 18), ist weiterentwickelt worden. Wir wollen uns auf den neuesten Stand bringen und diese Weiterentwicklungen kennenlernen.
Reiserechtliches Expertensystem
Eine wichtige Determinante im Umfeld heutiger juristischer Konsultationssysteme ist die Tatsache, daß Standardkomponenten wie etwa das Microsoft-Hilfesystem es erlauben, ohne Einsatz großer “Expertensystem-Shells” trotzdem leistungsfähige (und leicht zu bedienende) Beratungssysteme zu konstruieren. Ein Beispiel dafür ist das reiserechtliche Expertensystem von Volker Nilgens (vgl. jur-pc 1995, S. 3253f. und die zugehörige Diskettenbeilage), das wir (einschließlich der verwendeten Werkzeuge) näher kennenlernen wollen.
1stCard
Ein guter alter Bekannter aus der Frühzeit PC-gestützter Entscheidungsunterstützungssysteme ist 1stCard von Gerhard Oppenhorst (vgl. dazu jur-pc 1991, S. 1385 — 1390). Das ursprünglich auf dem Atari laufende, verschiedentlich bereits in der Begleitausstellung zum EDV-Gerichtstag zu besichtigende System erlebt als Internet-Version eine erfreuliche Wiedergeburt. Damit steht auch das unter 1stCard entwickelte mietrechtliche Expertensystem in einer Internet-Umgebung zur Verfügung.
Mit 1stCard ist dann auch der Punkt erreicht, an dem sich die Thematik dieses Arbeitskreises mit dem Internet-Rahmenthema des diesjährigen EDV-Gerichtstages berührt. Als neue naheliegende Möglichkeit zeichnet sich ab, daß man (wiederum mit vertretbarem Aufwand) verteilte Entscheidungsunterstützungssysteme “im Netz” bereitstellen kann. Ein Ausblick auf diese Möglichkeiten unter Einbeziehung der dafür nötigen Planungsschritte soll den Arbeitskreis abschließen.