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Zeit: | wird durch Aushang bekanntgegeben |
Ort: | CC1 (HS 121) |
Referenten: | Herr Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Riehn Herr Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lorenz als Mitglieder der GINET-Projektgruppe |
Das juristische Kommunikations- und Informationsystem unter Lotus Notes
Präsentation der Datenbanken ASYLFACT und GIDOK
Das Hessische Ministerium für Justiz und Europaangelegenheiten (HMdJuE) hat in Zusammenarbeit mit dem HessVGH in dem Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein juristisches Kommunikations- und Informationssystem unter Lotus Notes (JUKIN) entwickelt und weitgehend eingerichtet. Hieran haben mitgewirkt: Das Böblinger Softwarehaus COMPART, die Wiesbadener Dokumentationsstelle für Asylfakten und eine richterliche Projektgruppe des VG Gießen (GINET-Projektgruppe). Die Aufgabe dieses Richter-Teams ist es, die Interessen des richterlichen Anwenders einzubringen, die Erfahrungen mit vernetzten PCs zu nutzen und die Erfahrungen bei dem Einsatz von Lotus Notes nutzbar zu machen.
Die hessische Verwaltungsgerichtsbarkeit verfügt seit einigen Monaten über ein juristisches Kommunikations- und Informationssystem unter Lotus Notes (JUKIN). Jedem Verwaltungsgericht, einschließlich der Wiesbadener Dokumentationsstelle für Asylfakten, ist ein Notes Server unter Windows NT zugeordnet. Im Zentrum dieses Systems steht eine Notesdatenbank (ASYLFACT) der bezeichneten Dokumentationsstelle mit fast 47.000 Dokumenten (Gutachten, Auskünfte, Zeitungsberichte). Hinzu tritt eine Rechtsprechungsdatenbank des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (JUDOC), in die schon über 20.000 verschlagwortete Leitsätze eingelesen worden sind. Künftige Leitsatzentscheidungen des HessVGH sollen im Volltext in diese Rechtsprechungsdatenbank transportiert werden. Im Rahmen eines vorbereitenden Projekts hat die GINET — Projektgruppe eine Rechtsprechungsdatenbank mit lokalen Volltextentscheidungen ausgestattet (GIDOK).
Die ersten Erfahren mit dem Informationssystem unter Lotus Notes sind positiv. Die Grundsätze der Aktualität von Informationen, der Datensicherheit, der Schnelligkeit der Zugriffe auf die Datenbestände und der Sparsamkeit werden gewahrt. Mit der Einführung des Systems haben sich im übrigen neue Dimensionen der Kommunikation in und zwischen den Gerichten eröffnet. So können in einem in sich geschlossenen Netzbereich sicher Informationen ausgetauscht und Dateien verschickt werden.
Die besonderen Merkmale dieser Entwicklung lassen sich am Beispiel der ASYLFACT-Datenbank darstellen: Nächtliche, automatisch gesteuerte Replikationsaktionen sorgen über Fernverbindungen (optional Modem, ISDN, Datex‑P) zuverlässig für die Aktualität der Zieldatenbanken auf den 7 Notes — Servern der Gerichte. Greift der Richter auf die Datenbank zu, werden die Informationen auf seine lokale Datenbank geschickt. Volltextrecherchen sind möglich. Ähnlich wie unter JURIS — Formular — kann über Suchmasken recherchiert werden. Verschiedene Ansichten bieten die Dokumente in unterschiedlichen Sortierfolgen an. Da der Programmiercode offenliegt, können die Datenbanken relativ problemlos auf besondere örtliche Bedürfnisse angepaßt werden. Damit besteht keine Abhängigkeit von einem Softwarehaus. Wird auf die speziell eingerichteten Suchmasken verzichtet, ist die Installation von Lotus Notes auf den Workstations nicht erforderlich. In diesem Fall kann mit den üblichen Browsern im Intranet auf die Datenbanken des lokalen Servers zugegriffen werden.
Das Land Hessen ist uneingeschränkt Eigentümer der genannten Datenbanken. Das HMdJuE ist grundsätzlich bereit, im Rahmen besonderer Vereinbarungen, diese Gerichten anderer Bundesländer zur Verfügung zu stellen und sie mit in den Replikationsverbund einzubinden. Die obersten Verwaltungsgerichte der Bundesländer Thüringen und Rheinland-Pfalz sowie NRW haben ihr Interesse angemeldet.
ASYLFACT und JUDOC
- Asylfakten- und Rechtsprechungs-Datenbanken der hessischen Verwaltungsgerichte unter Lotus Notes -
Die Anwendung Lotus Notes
Die Hessische Verwaltungsgerichtsbarkeit transferierte im Jahr 1997 ihre Asylfakten- und Rechtsprechungsdatenbanken ASYLFACT und JUDOC aus dem bisherigen Zusammenhang (DDB/4 auf SINIX-Merkplatzanlagen) in eine PC-Client-Server-Umgebung unter Windwos-NT und Lotus Notes. Dies kann als erster Schritt zur Nutzbarmachung des vielseitigen, bisher hauptsächlich von Wirtschaftsunternehmen eingesetzten Programms Lotus Notes für die Anforderungen der Justiz und der öffentlichen Verwaltung gelten.
Vom Softwarenhaus COMPART in Böblingen wurden im Auftrag des Hessischen Ministeriums der Justiz und für Europaangelegenheiten (HMdJuE) Datenbank-Anwendungen entwickelt, welche die Weiterführung des bereits vorhandenen Datenbestandes gewährleisten und die Aktualität und Vollständigkeit der Inhalte sowie die Handhabung für die Benutzer erheblich verbessern. Als besonders vorteilhaft erwies sich dabei, daß Lotus Notes plattformunabhängig ist, sehr kurze Entwicklungszeiten für Anwendungen (in der Größenordnung von Wochen) ermöglicht und deren justizinterne Anpassung und Weiterentwicklung ohne nochmalige Bemühung von Softwarespezialisten gewährleistet.
Die Datenbanken ASYLFACT und JUDOC
Die Datenbank ASYLFACT der Informations- und Dokumentationsstelle für Asylfakten des VG Wiesbaden (IUD-Stelle) umfaßt ca. 47.000 Dokumente (Gutachten, Auskünfte, Zeitungsberichte). Die Datenbank stand schon bisher auf unterschiedlichen Wegen (per Datenträger-Austausch oder über JURIS-Online) den Verwaltungsgerichten einiger Bundesländer zur Verfügung und stellt eines der wichtigsten Hilfsmittel für den mit Asylrecht befaßten Juristen dar.
Die Rechtsprechungsdatenbank JUDOC des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs enthält ca. 20.000 Entscheidungsleitsätze überwiegend des HessVGH aber auch anderer Gerichte. Zukünftig werden die Entscheidungen des HessVGH im Volltext in diese Rechtsprechungsdatenbank aufgenommen. Eine entsprechende Volltext-Rechtsprechungsdatenbank für erstinstanzliche Gerichte (GIDOK) ist derzeit am VG Gießen im Einsatz.
Die GINET-Projektgruppe
An dem Entwicklungsvorhaben wirkte im Auftrag des HMdJuE und des HessVGH neben der IUD-Stelle und dem Organisationsreferat des HessVGH, welche die jeweiligen Datenbanken betreuen, die aus Richtern des VG Gießen bestehende GINET-Projektgruppe mit, die sich im übrigen hauptsächlich mit der Gestaltung von Richterarbeitsplätzen in PC-Client-Server-Umgebungen beschäftigt. Ihre Aufgabe bestand darin, den Standpunkt des richterlichen Anwenders und die Erfahrungen mit PC-Netzen, insbesondere mit dem Programm Lotus Notes, in das Entwicklungsprojekt einzubringen.
Der Domino-Server-Replikationsverbund
Das hieraus entstandene Notes-Datenbanksystem besteht derzeit aus einem Windows-NT/Notes-Domino-Server in jeder der 7 Lokationen (HessVGH, VG Kassel, VG Gießen, VG Frankfurt/Main, VG Wiesbaden, VG Darmstadt (Neckarstraße und Orangerieallee)) der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Veränderungen der “Mutterdatenbanken” (ASYLFACT beim VG Wiesbaden und JUDOC beim HessVGH) werden jeweils einmal täglich nachts über Datenfernleitungen auf die übrigen Server repliziert. Dieser Vorgang belegt die Fernleitung bei Veränderungen in mehreren hundert Dokumenten mit Übertragungsgeschwindigkeit von derzeit 19,2 kBit/Sek jeweils für 2–3 Minuten. In diesem Zusammenhang ist unter Lotus Notes zugleich ein für unterschiedliche Zwecke verwendbares E‑Mail-System zwischen den Gerichten aufgebaut worden.
Das Land Hessen ist bereit, aufgrund besonderer Vereinbarungen OVGs anderer Bundesländer in den Replikationsverbund für ASYLFACT aufzunehmen. Hierdurch kann der bisher langsame und umständliche, meist mehrfache Übersetzung zwischen Datenformaten erfordernde Datenträger — Austausch ersetzt und eine weitaus höhere Aktualität in der Belieferung mit den Dokumenten — auch gegenüber der JURIS-GmbH — gewährleistet werden. Auch die Übermittlung hessischer Entscheidungen 1. und 2. Instanz und der Asylfakten an das OVG Münster bzw. die JURIS-GmbH — kann auf diese Weise vereinfacht abgewickelt werden. Entsprechende Verhandlungen werden derzeit geführt. Für die Dauer des EDV-Gerichtstages 1998 soll die Universität des Saarlandes versuchsweise in das Replikationsverfahren für ASYLFACT einbezogen werden, so daß diese Datenbank in CIP-Raum unmittelbar zur Verfügung steht.
Die Vorteile für den Datenbank-Nutzer
Die Verteilung der Daten an den Endbenutzer, d.h. in die Gerichtsbibliotheken und unmittelbar an den Richterarbeitsplatz, erfolgt vom lokalen Notes-Domino-Server über lokale PC-Netzwerke zu den jeweiligen Notes-Clients. Lotus Notes ermöglicht als Alternative den Zugriff auf den Domino-Server auch über jeden beliebigen WEB-Browser, da der Server den gesamten Datenbankinhalt online ins HTTP-Format umsetzt und somit ohne weiteren Programmieraufwand als Intranet- oder Internet-Server verwendet werden kann. Allerdings sind auf diesem Wege nicht alle Datenbankfunktionen voll nutzbar.
Der wesentliche Vorteil der Notes — Datenbanken für den Endbenutzer liegt darin, daß das System “dokumentorientiert” arbeitet, d. h. die Verhältnisse in Gerichten oder Bibliotheken, die letztlich Dokumente verarbeiten, sehr adäquat abbildet. Das Format der in den Dokumenten enthaltenen Volltexte kann beliebig gewählt werden, etwa unter Verwendung eines gebräuchlichen Texteditors (Winword etc.). In eine Datenbank können Dokumente unterschiedlichen Formats und Inhalts eingegeben und durch Ansichten in beliebiger Weise sortiert werden. Diese Ansichten ordnen nach Art eines Buchindexes den kompletten Datenbestand und erübrigen damit in vielen Fällen die sonst in Datenbanken üblichen Suchanfragen (die über eine Suchmaske natürlich ebenfalls möglich sind). Die gesuchten Dokumente (Welche Auskünfte zu dem Modjahedin im Iran gibt es aus dem Jahr 1998?) können unmittelbar in der entsprechenden Ansicht (LAND-SCHLAGWORT-DATUM) nachgeschlagen und auf einen Blick erfaßt werden. Darüber hinaus kann die Notes Datenbank über den Notes-WEB-Navigator, der die automatische Suche und den Import von Dokumenten aus dem Internet ermöglicht, unmittelbar mit Internet-Dokumenten “gefüttert” werden, so daß sich für eine Reihe von Quellen (ai, UNHCR, Zeitschriften usf.) die Eingabe bzw. Umsetzung der Dokumente von Hand oder über Scanner in vielen Fällen erübrigt. Dies führt nochmals zur Steigerung der Aktualität der im System verfügbaren Informationen.
Die geplante Geschäftsstellenautomation unter Lotus Notes
Tatsächlich sind die Möglichkeiten von Lotus Notes durch einfache Datenbankanwendungen bei weitem nicht ausgeschöpft. Dies gilt insbesondere für die im System integrierten Tools zur Umsetzung von Workflow-Anwendungen (die “elektronische Akte”), zur Datensicherung und Authentifizierung (Zugangssicherung, Verschlüsselung, elektronische Unterschrift), zur authentischen Archivierung von Dokumenten, zur Integration von Heimarbeitsplätzen usw.