SGML/XML für juristische Texte
Zeit: | Donnerstag, 16. September 1999, 11.00 Uhr |
Ort: | HS 112 |
Moderation: | Herr Univ.-Professor Dr. Herberger |
Referenten: | Herr Dipl.-Ing. Mag. Gantner, Wien Herr Mag. Ebenhoch, MANZ’sche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung, Wien Herr Erbguth Herr Dr. Kraft |
SGML/XML als Datenformat für Rechtsvorschriften
Dipl.-Ing. Mag. Felix Gantner, Wien
Rechtsvorschriften sind stark strukturierte Texte, bei denen über die Strukturierung auch stark inhaltliche Zusammenhänge festgelegt werden. Bei konventionellen Print-Produkten (BGBl, Gesetzesausgaben, …) wird die inhaltlichen Struktur des Gesetzestextes mit typographischen Mitteln (Absatzgliederungen, Einrückungen, Fettdruck, …) deutlich gemacht. Da diese Strukturinformationen für die juristische Praxis von großer Bedeutung sind, sollten es möglich sein, sie bei der elektronischen Bearbeitung und Darstellung zu übernehmen und beim Datenaustausch weiterzugeben.
Häufig verwendete Datenformate (RTF, Word, …), die in erster Linie das Aussehen eines Textes, nicht jedoch seinen logischen Aufbau darstellen, sind dafür nur unzureichend geeignet.
SGML (Standard Generalized Markup Language) und XML (Extensible Markup Language) als Datenformate, die die Abbildung des Struktur eines Dokuments erlauben, bieten sich daher als Datenformate für Rechtsvorschriften an. Aufgrund der rasanten Entwicklung des Internet konnten sich beide als Standardformate für den Austausch und die Datenhaltung von Dokumenten etablieren.
Bei XML bzw SGML steht im Gegensatz zu anderen Datenformaten die Kennzeichnung bzw Auszeichnung von Inhalten und nicht von Darstellungsformen bzw Formatierungen im Vordergrund. Nicht die Größe von Buchstaben, Einrückungen oder die verwendete Schriftart, sondern die Festlegung der Bedeutung einzelner Textteile ist das primäre Ziel bei der Verwendung von XML bzw SGML als Datenformat.
Die Bedeutung einzelner Textteile wird durch Auszeichnungselemente (Tags) im Text festgelegt. Die Bedeutung der in einem Dokument vorkommenden Tags und das Verhältnis zu anderen Textelementen wird in der document type definition (DTD) festgelegt. Die DTD wird für die Anforderungen der zu bearbeitenden Dokumente angepaßt.
XML bzw SGML sind daher Standards für die Definition von Datenformaten, die durch die Festlegung einer DTD an die Inhalte, die gespeichert bzw ausgetauscht werden sollen, und an den Zweck der Datenhaltung angeglichen werden müssen. Die Struktur und Logik des Dokuments geht dadurch bei der elektronischen Speicherung nicht verloren.
Gerade für Rechtsvorschriften, bei denen die logischen Strukturen der Gesetzestexte und die Zusammenhänge einzelner Textteile wesentlich sind, sollte SGML bzw XML als Datenformat eingesetzt werden.
Der Vortrag wird anhand mehrerer Rechtsvorschriften, die jeweils eine unterschiedliche Struktur aufweisen, die Möglichkeiten der Verwendung von SGML bzw XML als Datenformat darstellen. Dabei werden mehrere einfache DTD‘s vorgestellt und diskutiert. Die einzelnen DTD‘s sind für unterschiedliche Einsatzzwecke im Bereich der Datenhaltung bzw für den Datenaustausch geeignet. Die Vor- und Nachteile der einzelnen DTD‘s werden aufgezeigt.
Die Verwendung von XML für die strukturierte Informationsgestaltung am Beispiel von gerichtlichen Entscheidungen
Mag. Peter Ebenhoch, MANZ’sche Universitäts- und Verlagsbuchhandlung, Wien
Zusammenfassung:
Der zunehmenden Ausdifferenzierung des Rechts (Luhmann) entspricht die Gestaltung von typisierten juristischen Dokumenttypen und Textsorten (zB Formularen), der zunehmenden elektronischen Vernetzung und der daraus erwachsenden Zunahme des Informationsaustausches entspricht der verstärkte Einsatz automatisierter Informations- und Dokumentverarbeitung durch strukturierte Datengestaltung (XML).
Während seit der Entwicklung und Standardisierung von SGML (1986), federführend getragen übrigens vom gelernten Juristen IBM Mitarbeiter Charles M. Goldfarb, das statische Moment im Vordergrund stand und dieses auch einige negative Aspekte aufwarf (Rigidität von Dokumenttypen, Schwierigkeit, noch nicht validierte SGML-Dokumente zu editieren, etc), ermöglicht das Subset XML nicht nur eine einfachere Anwendung dieses Grundgedankens, sondern auch zusammen mit anderen schon länger verabschiedeten (EDI, RDF) oder noch jungen Standards (ICE), die dynamische Verwendung von strukturierten Dokumenten in vernetzten Umgebungen.
Welche Möglichkeiten sich daraus schon ergeben haben und ergeben könnten, soll dieser Beitrag anhand einer einfachen DTD für gerichtliche Entscheidungen aufzeigen, in die beispielhaft Metadaten eingebracht werden, die kommunikative Anknüpfungspunkte und künftige Umsetzungsmöglichkeiten erahnen lassen.
Die Verwendung standardisierter, strukturierter Informations ‑Formate befreit nicht nur vom alljährlichen Updatezwang hinsichtlich binärer Dokumentenformate, sondern ermöglicht durch die Einbindung von Metainformationen auch die flexible Verwendung und Wiederverwendung von juristischen Informationen sowie die beliebig gestaltbare Einbindung in bestehende Organisationsstrukturen und Abläufe.
Durch die inhaltlich orientierte, aber formale Auszeichnung wird die Information gleichzeitig inhaltlich erschlossen und automationsunterstützt verarbeitbar gestaltet. Ohne manuellen Mehraufwand kann die dadurch medienneutrale Information dadurch sehr leicht in beliebigen Medienformaten (Print, Offline, Online) verfügbar gemacht werden.
Im Rahmen des Referates werden einige praktische Beispiele dazu vorgeführt werden.