Grußwort der saarländischen Ministerin der Justiz
Grußwort
der saarländischen Ministerin der Justiz, Ingeborg Spoerhase-Eisel, anlässlich des 10. EDV-Gerichtstages am 20. September 2001
Anrede
ich freue mich sehr, Sie heute zum 10. Deutschen EDV-Gerichtstag hier in Saarbrücken begrüßen zu dürfen.
Natürlich gilt es zunächst, unserem Geburtstagskind, eben dem EDV-Gerichtstag, zu seinem ersten „runden“ Geburtstag zu gratulieren. Ich darf Ihnen, Herr Prof. Dr. Herberger, — stellvertretend für Ihre Kollegen, die Damen und Herren des Vorstandes und alle sonstigen Personen, die sich um das Gelingen des EDV-Gerichtstages bemühen und in den letzten zehn Jahren bemüht haben, von dieser Stelle aus ganz, ganz herzlich gratulieren. Sie alle haben eine Leistung vollbracht, die Sie mit Stolz erfüllen kann.
Vor zehn Jahren, nämlich am 24. Februar 1992, ist der 1. Deutsche EDV-Gerichtstag eröffnet worden. Damals durfte man noch die Frage aufwerfen, ob die Zeit nun reif sei, einen neuen Fachgerichtstag ins Leben zu rufen. Heute kann man sich den EDV-Gerichtstag nicht mehr hinwegdenken, handelt es sich doch nach wie vor um das einzige überregionale und vor allen Dingen internationale Forum mit Gewicht zum Erfahrungs- und Meinungsaustausch für Fragen der EDV in der deutschen Justiz. Der EDV-Gerichtstag hat sich seinen Platz neben den sonstigen großen Gerichtstagen in Deutschland gesichert.
Nach neun — allseits als erfolgreich eingestuften — Veranstaltungen greift der zehnte EDV-Gerichtstag wiederum brennend aktuelle Themen auf und öffnet sich noch mehr für das internationale Geschehen, und gerade dies macht ihn für das interessierte Fachpublikum so interessant. Wenn ich in diesem Zusammenhang von „brennend aktuell“ spreche, so schließe ich damit natürlich — wie es der Name schon sagt — die sog. „Dauerbrenner“ (wie etwa den elektronischen Rechtsverkehr) mit ein.
Die spannenden, interessanten und internationalen Themen, die Sie sich zur Erörterung ausgewählt haben, sind so vielfältig, dass ich es weder Ihnen noch mir selbst zumuten möchte, sie an dieser Stelle im einzelnen aufzugreifen. Gestatten Sie mir daher, auf die Dinge einzugehen, die, wie ich meine, die deutsche Justiz augenblicklich besonders interessieren dürften. Und selbst mit dieser Einschränkung fällt die Auswahl schwer.
Lassen Sie mich an dieser Stelle das aktuelle Thema „Elektronischer Rechtsverkehr“ aufgreifen. Das ist eine große Herausforderung für die deutsche Justiz. Wir werden viel Arbeit — und natürlich auch viel Kapital — in dieses Projekt investieren müssen. Ein Zurück wird es dennoch nicht geben. Dass wir den elektronischen Rechtsverkehr einführen werden, ist beschlossene Sache, wenngleich wir jetzt erst das Stadium der Grundsteinlegung überschritten haben. Für andere Länder, etwa Österreich, ist die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs dagegen bereits „Schnee von gestern“. Aber gerade der Blick über die nationalen Grenzen hinweg zeigt uns auch, was machbar ist, welche Vorteile für alle Verfahrensbeteiligten und damit letztlich für die rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger realisiert werden können. Die Justiz versteht sich zunehmend als modernes Dienstleistungsunternehmen. Das ist auch gut so. Wenn dem aber so ist, dann sind wir auch verpflichtet, unsererseits alles zu tun, um unseren Kunden schnell und effektiv zu ihrem Recht zu verhelfen.
Die Ziele des elektronischen Rechtsverkehrs sind klar. Sie bestehen zum einen in einer Beschleunigung der Verfahren durch schnellere Kommunikation, durch Optimierung der justizinternen und auch der externen Abläufe bei den Parteien und Prozessvertreten, etwa durch den Wegfall mehrmaliger Datenerfassung, aber auch durch parallele Bearbeitungsmöglichkeiten bei allen Verfahrensbeteiligten, wie etwa die gleichzeitige Akteneinsicht mehrere Verfahrensbeteiligter. Mit dem Zustellungsreformgesetz, dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr sowie der Novellierung des Signaturgesetzes sind wichtige Rechtsnormen geschaffen worden, die ihrerseits den bereits erwähnten Grundstein für das Ganze bilden. Jetzt gilt es, Standards zu definieren — einer Aufgabe, der sich die Bund-Länderkommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz im Auftrag der Justizministerkonferenz widmet — und dann wird es in vielen Fällen notwendig sein, dass die Justiz ihre EDV-Anwendungen für diese Herausforderung aufrüstet, was erhebliche finanzielle Mittel binden wird.
Neue technische Errungenschaften werden uns sicherlich weiterbringen und begleiten. Aber alles was heute technisch realisierbar ist, ist nicht unbedingt auch bezahlbar. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass der erhebliche Kostendruck und die hohe Geschwindigkeit der technischen Innovation, die uns zwar oft gelegen kommt, uns zuweilen aber auch in arge Bedrängnis stürzen kann, das Bundesministerium der Justiz und die Landesjustizverwaltungen zwingen werden, mehr denn je auf dem Gebiet der Datenverarbeitung zu kooperieren. Auch dies wird nicht einfach durchzusetzen sein, obwohl die Justiz aufgrund der unterschiedlichen EDV-Landschaften in den einzelnen Bundesländern schon leidvolle und teuere Erfahrungen hat sammeln können.
Angesichts leerer Kassen — landauf, landab — dürften die Zukunftsprojekte, wozu ich den elektronischen Rechtsverkehr durchaus noch zählen möchte, insgesamt nicht einfach zu bewerkstelligen sein. Ich persönlich wäge mich dabei — ich will es so sagen — in einer eher gelassenen Position. Es ist gerade gut drei Wochen her, dass das saarländische Kabinett, das sich von Anfang an zu einer progressiven Politik der Innovation verpflichtet hat, ein neues IT-Rahmenkonzept für die Haushaltsjahre 2002 bis 2005 verabschiedet hat, welches eine IT-Vollausstattung aller Büroarbeitsplätze im Bereich der Landesregierung mit moderner, einheitlicher Infrastruktur im Rahmen einer Modernisierungsoffensive vorsieht. Die positive Entscheidung des Ministerrates ist dabei — man kann schon sagen standesgemäß — im Rahmen unseres Projektes K@binett-online gefallen.
Als erste Regierung in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt hat die saarländische Landesregierung die herkömmlich „papierbeladenen“ Kabinettssitzungen abgeschafft. Jegliche Art von Vorlagen an den Ministerrat werden von den einzelnen Ressorts in einen geschützten Bereich des Intranets eingestellt und können im neu gestalteten Kabinettssaal online abgerufen und beraten werden. Die Ministerinnen und Minister transportieren jetzt keine Akten mehr in die Beratungen, nein, es genügt, dass sie ihren Laptop mitführen. Ergänzt wird diese beispielhaft innovative Sitzung eines Ministerrates dadurch, dass etwa unsere Landesvertretung in Berlin per Video-Konferenz live zu den Sitzungen zugeschaltete wird.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir im Saarland auf Innovation setzen. Und dies nicht nur in einzelnen Projekten. Auch das Ministerium der Justiz geht seine eigenen innovativen Wege. Ein tolles Bespiel dafür ist meines Erachtens unsere Erweiterung des juristischen Ausbildungsangebotes.
Referendarinnen und Referendare haben nun — bundesweit bislang einzigartig — die Möglichkeit, ihre Ausbildung im sog. Schwerpunktbereich auf die Rechtsinformatik zu konzentrieren. Umfasst wird dabei das Internetrecht unter besonderer Berücksichtigung des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes sowie des E‑Commerce, das juristische Informationsmanagement, die neuen Medien- und Kommunikationsformen im Zivil- und Zivilprozessrecht sowie das dazugehörige internationale Recht und Europarecht.
Die Rechtsinformatik hat seit jeher große Bedeutung in der Juristenausbildung an der Universität des Saarlandes. Nachdem gemäß der Studienordnung des Fachbereichs Rechtswissenschaft für Studentinnen und Studenten bereits die Möglichkeit besteht, die Wahlfachgruppe „Deutsches und internationales Informations- und Medienrecht“ zu belegen, können neuerdings Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare die Wahlstation „Rechtsinformatik“ am Institut für Rechtsinformatik, also bei Ihnen, Herr Professor Herberger, ableisten.
Obwohl das Saarland damit — wie ich bereits gesagt habe ‑eine Vorreiterstellung in Deutschland einnimmt, wenn es dem Einfluss der technischen Entwicklung auch auf das juristische Berufsfeld Rechnung trägt und als erstes und einziges Bundesland in seiner juristischen Ausbildungsordnung den Schwerpunktbereich „Rechtsinformatik“ anbietet, ist der erste Referendar bereits am Institut für Rechtsinformatik tätig. Er kommt aus Bayern aus dem OLG-Bezirk Nürnberg. Die für seine Ausbildung in der Wahlstation zuständige Regierung der Oberpfalz in Regensburg zeigte sich angesichts der fachbereichsübergreifenden Bedeutung der Rechtsinformatik sehr flexibel und genehmigte im Rahmen des Schwerpunktbereichs „Verwaltung“ das Institut für Rechtsinformatik als Ausbildungsstelle. Ich finde, das ist eine tolle Sache.
Nicht verschweigen will ich, dass man derartige Neuerungen in der Juristenausbildung auch seitens des Justizministeriums nicht im „Solo-Lauf“ einführen kann. Wir haben natürlich eng mit dem Fachbereich zusammengearbeitet, und ich will sagen, gerne und gut zusammengearbeitet. Und auch hierfür möchte ich mich bei allen Entscheidungsträgern nochmals bedanken.
Meine Damen und Herren, die vielfältigen und aktuellen Themen, denen sich der 10. EDV-Gerichtstag widmen wird, lassen erwarten, dass er sich des Interesses der Fachwelt und der Öffentlichkeit sicher sein kann. Die Impulse, die er zur Bewältigung anstehender Probleme im EDV-Bereich geben kann, können kaum hoch genug eingeschätzt werden. Nutzen Sie daher dieses Forum heute und morgen zu einem intensiven Gedankenaustausch, diskutieren Sie alle Lösungsansätze und machen Sie uns Vorschläge, die den EDV-Einsatz in der Justiz weiter voran bringen.
Meine Damen und Herren, Ihnen steht ein reizvoller EDV-Gerichtstag mit einem spannenden Programm bevor. Genießen Sie ihn!
Ihnen allen wünsche ich abschließend eine ertragreiche Tagung und einen angenehmen Aufenthalt im Saarland. Es wäre schön, wenn Sie trotz des dicht gedrängten Programms noch ein wenig Zeit finden würden, etwas von den Schönheiten und Eigenheiten unseres Landes mitzunehmen.