Wolfgang Golasowski Historie des EDV-Gerichtstages
Historie des EDV-Gerichtstages
Vortrag zum 10jährigen Bestehen des EDV-Gerichtstages
gehalten am 20. September 2001 in Saarbrücken
Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe meinen Vortrag in sechs Unterabschnitte gegliedert:
- Zur Person
- Vor der Zeitrechnung
- Der Urknall
- Das erste Jahrzehnt
- Ausblick
- Dank für die Aufmerksamkeit
Geben Sie mir zunächst Gelegenheit, mich vorzustellen.
1. Zur Person
Erlauben Sie zunächst, dass ich mich vorstelle: Mein Name ist Wolfgang Golasowski. Von 1981 bis 1989 war ich als Richter in Bremen tätig. Seit 1989 befasse ich mich mit der elektronischen Verarbeitung von Daten. Zuerst war ich drei Jahre beim Senator für Justiz und Verfassung für die Einführung von Personal Computern in den bremischen Gerichten zuständig. Anschließend habe ich bis Ende 1993 das Referat für „Strategische Fragen der Technikunterstützten Informationsverarbeitung“ beim Senator für Finanzen geleitet. Seit dem 1. Januar 1994 bin ich Geschäftsführer der Informations- und Datentechnik Bremen, die aus dem Rechenzentrum der bremischen Verwaltung hervorgegangen ist. Die ID Bremen ist heute eine GmbH – also privatisiert — und gehört zur T‑Systems, die in der Begleitausstellung mit einem Stand vertreten ist.
Ich gehöre zu den 18 Gründungsmitgliedern des EDV-Gerichtstages … dazu später mehr.
2. Vor der Zeitrechnung
Der mir aufgegebene Titel des Vortrages lautet „Historie des EDV-Gerichtstages“. Ein Teilbereich der Geschichtswissenschaften ist die Archäologie. Also habe ich mich in meinem Arbeitszimmer auf die Suche begeben und nach umfassenden Ausgrabungsarbeiten mancherlei Erstaunliches zutage gefördert. Einige Fundstücke habe ich heute mitgebracht und möchte sie Ihnen zeigen, als das sind:
- ein Akustikkoppler mit 300 Baud (Hersteller Dataphon),
- ein Datenmodem ohne Postzulassung (Hersteller unbekannt),
- eine abgeschraubte Telefondose,
- eine alte Ausgabe der PC-Welt, in der davor gewarnt wird, sich einen AT zu kaufen, weil noch mit Hardwarefehlern zu rechnen sei,
- diverse 5 ¼‑Zoll Disketten (doppelte Dichte, keine Originale)
Als ich diese historisch bedeutenden Fundstücke in Händen hielt, ist mir zweierlei klar geworden.
- Ich habe diese prähistorischen Werkzeuge selbst benutzt, ich bin also Zeitzeuge, und
- es war absolut richtig, dass ich die diversen Aufforderungen meiner Ehefrau „diesen Krempel endlich wegzuschmeißen“ ignoriert habe. Wertvolles geschichtliches Beweismaterial wäre für immer verloren gegangen.
Welche Erinnerungen sind nun durch diese Fundstücke bei mir wachgerufen worden? Ich erinnere mich durchaus daran, als ich das erste Mal „online“ war. Ich hatte den Telefonhörer in den Akustikkoppler gezwängt, einen Palandt obendrauf gelegt, damit der Hörer nicht wieder rausrutscht, und auf meine Knie eine frühe Ausgabe der jur-PC aktuell gelegt, in der beschrieben wurde, wie man den Zugang zur herbergerschen Mailbox herstellt. Auf meinem bernsteinfarbenen Bildschirm erschienen plötzlich wie aus einem sprudelnden Quell kryptische Zeichen, von denen ich wusste, dass sie weder auf meiner Festplatte noch auf einer der vielen Disketten gespeichert waren: Ich war das erste mal drin! Komischerweise schoss mir in diesem Moment der absurde Gedanke durch den Kopf, ob es wohl besser sei, die Gummimanschetten des Akustikkopplers regelmäßig mit Talkum zu pflegen, das soll ja die Lebensdauer stark erhöhen.
Der Stolz und die Freude waren nur von kurzer Dauer, denn die Verbindung war oft nicht stabil und in den Fachzeitschriften war von 2400-Baud-Modems die Rede, die atemberaubende Geschwindigkeiten versprachen. Das ganze hatte nur zwei Haken: zugelassene Modems mit FTZ-Nummer waren sehr teuer und die einzige im Haus vorhandene Telefondose hatte kein Loch, in das man irgendetwas hineinstecken konnte. Sie war überdies mit einer dienstlich wirkenden Schraube verschlossen und strahlte die warnende Botschaft ab: „Wer mich berührt, verstößt gegen das Fernmeldegesetz!“. Wir haben damals wirklich geglaubt, dass es möglich sein könnte, durch den falschen Anschluss der beiden mickrigen Kabel eines Modems den Telefonverkehr einer deutschen Großstadt lahm zu legen. Trotzdem habe ich – und viele andere auch — die Dose abgeschraubt und die beiden abisolierten Kabelenden an die Metallleiste des Postanschlusses geschraubt. Ab dann ging alles viel schneller.
Ich erzähle das alles, um Ihnen zu zeigen, mit welcher revolutionären Energie die Pioniere der Datenverarbeitung in der Justiz ausgestattet waren, auch wenn wir überwiegend liegend unter dem häuslichen Schreibtisch mit einem Schraubenzieher zwischen den Zähnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gekämpft haben, begleitet von der monoton vorgetragenen Aufforderung „Nun komm doch endlich ins Bett. Das funktioniert doch sowieso nicht!“. Den mir gegenüber nur eingeschränkt entgegengebrachten Respekt meiner Kinder – insbesondere im Vergleich zu meiner Frau – führe ich übrigens auf diese Zeit zurück.
Das hat uns alles nicht zurückgeworfen. Die revolutionäre Energie war dann später auch notwendig, um den EDV-Gerichtstag zu gründen – auch dazu später mehr.
Zurück zu den Fundstücken. Die Disketten sind es wert, genauer betrachtet zu werden. Es handelt sich im einzelnen um:
- Superfam von Dr. Wolfram Viefhues, Version April 1989
- FAM.exe von Werner Gutdeutsch, compiliert am 17. Oktober 1989
- Kostenquote von Hans-Diedrich Köcher, erstellt am 25. April 1989
- REDAT 1.2 von Dr. Klaus Rühle, erstellt im Juni 1989
- PKH von Helmut Hoffmann, compiliert am 2. Mai 1989
und einmal „Larry“.
Welche Schlüsse lassen diese Funde zu? Zunächst nur diesen: Juristen können zwar nicht rechnen, aber programmieren. Die genannten Programmautoren waren und sind in der Tat aktive Richter und haben Ende der 80er-Jahre damit begonnen, kleine Programme zu erstellen, die die tägliche Arbeit erleichtern sollten. REDAT vom Kollegen Dr. Rühle aus Hamburg war eine leistungsfähige Datenbank zum Archivieren von Urteilen. Die Möglichkeit, einen Clipper-Compiler nutzen zu können, war ein Privileg.
Wir waren fasziniert von Programmen, die Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbank unter einer Oberfläche vereinigten und einen Datenaustausch zuließen. Framework III und Tex Ass waren solche Programme. Nur wenige der EDV-Pioniere haben es geschafft, jemals den gesamten Leistungsumfang auszunutzen. Anfang der 90er-Jahre wurden diese Programme von Microsoft vom Markt gefegt.
Die Personal Computer und die Standardsoftware waren teuer. Für den Preis eines AT bestückt mit legaler Software konnte man der Ehefrau oder der volljährigen Tochter auch einen gebrauchten Kleinwagen kaufen. Wie die Entscheidung lautete war klar: Der Zweitwagen hatte Vorfahrt und es entstand das unabweisbare Bedürfnis, einen dienstlichen PC auf den Schreibtisch zu bekommen. Bei legaler Software fällt mir übrigens ein, dass ich Helmut Rüßmann die Sicherungskopien von Framework III zurückgeben muss, die ich jetzt seit über 12 Jahren für ihn in Bremen aufbewahre. Helmut, ich bringe sie im nächsten Jahr mit.
Zurück zum PC-Beschaffungsantrag. Die ersten mündlichen Anfragen bei der Justizverwaltung führten zu verblüffenden Reaktionen. Mir ist in guter Erinnerung geblieben, welche Antwort ich bekam, als ich den Verwaltungsleiter meines Amtsgericht fragte, welche Chancen ein Antrag auf Beschaffung eines PC wohl habe. Er entgegnete sinngemäß, die Schnittstelle für den Richter zu den Geschäftsstellen und den Schreibdiensten sei der Aktenbock, im übrigen fände am nächsten Tag eine Vorführung der Fa. Siemens für die Rechtspfleger und Geschäftsstellenleiter statt, Plätze für Richter seien leider nicht mehr frei. Dieser Mann hat mich damals genauso radikalisiert wie während des Studiums die Lektüre der Schriften von Marx und Engels. Mein Entschluss stand fest. Wir müssen mehr werden und ich meldete mich noch am selben Tag für eine Fortbildung in Trier an. Thema: EDV für Juristen. Von dort stammt auch die Larry-Diskette.
Wenn Sie meinen, das wäre der Urknall des EDV-Gerichtstages gewesen, dann muss ich Sie enttäuschen. Der wurde erst später ausgelöst. Dazu kommen wir jetzt.
3. Der Urknall
Ende der 80er Jahre war das Feindbild klar: Die Amtsräte und Oberamtsräte hatten das Thema „EDV in der Justiz“ besetzt. Das Gremium, in dem die wichtigen Entscheidungen getroffen wurden, war die „Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz“. Zutritt für Richter und Staatsanwälte verboten, es sei den sie gehörten einer Mittelbehörde an und verhielten sich entsprechend.
Der einzige bedeutende Anbieter auf dem Markt war Siemens. Die Fa. Nixdorf hatte eine Außenseiterstellung. Als Siemens dann Nixdorf übernahm war das genauso, als wenn heute die Spieler des 1. FC St. Pauli komplett von Bayern München aufgekauft werden würden und sich einen bayerischen Dialekt zulegen müssten. Um mir diesen Vorgang damals zu erklären, musste ich meine Skripten aus Studententagen zur Entstehung und zu den Folgen des Monopolkapitalismus hervorkramen. Es stimmte alles, was dort stand.
Das proprietäre Betriebssystem hieß „SINIX“. Es lief nicht auf PCs und es gab davon auch keine Raubkopien. Wenn uns damals jemand erzählt hätte, dass LINUX einmal das Betriebsystem der Freaks werden wird, hätten wir ihn wegen schädlichen Fantasierens aus unserem Kreis ausgeschlossen.
Zu allem Überfluss meldeten sich auch noch die Richterräte zu Wort und äußerten die Befürchtung, dass Richter zu Schreibkräften degradiert werden würden, wenn man ihnen PCs zu Verfügung stellte. Gleichzeitig waren die ersten Trendscouts unter den EDV-Pionieren auf der CEBIT in Hannover gewesen und entglitten in einen Technologietaumel aus dem einige bis heute nicht zurückgekehrt sind. Schlussendlich hatten wir den Eindruck, die Welt dreht sich weiter und wir sind nicht dabei. PCs auf dem dienstlichen Schreibtisch waren auf absehbare Zeit nicht in Sicht.
In dieser Phase bekam ich Anfang 1989 eine Einladung auf den Tisch zu einem Workshop der Gesellschaft für Informatik, Fachbereich 6 „Informatik in Recht und öffentlicher Verwaltung“, Fachausschuss 6.1 „Rechtsinformatik und Informationsrecht“, Fachgruppe 6.1.3 „Informatik in der Justiz“. Das ganze sollte in Saarbrücken stattfinden, wohin sich mein ehemaliger Professor Helmut Rüßmann samt Frau und Kindern abgesetzt hatte. Das war eine gute Gelegenheit, ihn wieder zu sehen. Das Programm klang nach „PC am Richterarbeitsplatz“ und viele bekannte Namen waren als Referenten angekündigt.
Die Vorträge und die Referenten der ersten Veranstaltung waren gut. Es entstand eine Art Aufbruchstimmung. Am Ende des zweiten Tages wurden Aufnahmeanträge für die Gesellschaft für Informatik verteilt. Ich füllte einen aus, gab ihn aber nicht ab. Er befindet sich noch heute bei meinen Unterlagen.
Es folgten Workshops 1990 und 1991, so dass der EDV-Gerichtstag drei Vorläufer-Veranstaltungen hatte. Leider habe ich nur wenige Dokumente über die erste Veranstaltung 1989. Wenn noch jemand welche hat, wäre ich für die Überlassung von Überstücken oder Kopien dankbar. Ich hasse unvollständige Akten.
Beim Workshop 1991 knisterte die Luft. Am 8. März 1991 fand im Hörsaal 111 der Universität des Saarlandes um 11.00 Uhr eine Versammlung aller Teilnehmer des 3. Workshops statt. Thema: Wie soll es weitergehen? Ich zitiere aus dem Protokoll, dass damals mein Freund Werner Gutdeutsch verfasst hat:
„Golasowski: Kritik an Podiumsdiskussion (Zustimmung im Saal) und an der für ihn undurchsichtigen Rolle der GI und ihrer übergeordneten Gremien.
Vorschlag:
1. Saarbrücken definitiv als Tagungsort festlegen,
2. in die Hände von Herberger und Rüßmann die Federführung für die Tagungsvorbereitung legen,
3. aus den Tagungsteilnehmern Unterstützungsgruppen für die Tagungsvorbereitung bilden, wobei auch eine Vereinsgründung in Frage komme,
4. die Bindung zur GI lösen.
Fiedler: Golasowski wurde über die Rolle der GI informiert, Diskussion ist unangebracht.“
Voll auf die Zwölf! Was war passiert? Wir waren in das Schwerkraftfeld der Akquisition von Forschungsaufträgen geraten. Damals stand das Projekt „Strukturanalyse der Rechtspflege (SAR)“ des Justizministeriums in Bonn an. Wir hatten den Eindruck, dass es in Saarbrücken nicht mehr nur um den Erfahrungsaustausch, sondern auch um Auftragsvergabe ging. Mag ja auch alles seine Berechtigung gehabt haben, aber wir hatten immer noch keine PCs. Ob unsere Ungeduld aus heutiger Sicht richtig war, erscheint fraglich. Immerhin haben die Ergebnisse des SAR-Projektes die Justizorganisation stark beeinflusst und sind nachfolgend auch immer wieder Thema des EDV-Gerichtstages gewesen.
Wie kam es dann doch noch zur Gründung des EDV-Gerichtstages. Die legendäre Versammlung wollte 1991 keine Entscheidung treffen und die Debatte 1992 weiterführen. Das war einigen von uns zu wenig. Wenn es im nächsten Jahr zur Gründung eines Vereins „EDV-Gerichtstag“ kommen sollte, dann musste gehandelt werden. Der Kollege Wolfram Viefhues und ich machten uns daran, eine Satzung zu entwerfen. Was zeichnete uns aus? Wolfram lebte schon damals nach dem Motto „Wer schreibt, der bleibt“, siehe seine vielen Veröffentlichungen, und ich hatte an der Uni Bremen gelernt, wie man Professoren unterläuft. Außerdem hatte meine Frau in ihrer Anwaltskanzlei das Becksche Formularbuch mit Mustersatzungen, die wir abschreiben konnten. Ihr Kommentar, als ich ihr auf Nachfrage erklärte, was wir vorhatten: „Jetzt spinnt ihr ganz. Was sagt Brigitte Rüßmann dazu?.“
In der zweiten Hälfte 1991 gab es dann mehrere Treffen zur Vorbereitung der Vereinsgründung. Die GI hatte sich damit abgefunden und unterstützte inzwischen das Vorhaben. Der Zug war aus der Halle und nicht mehr aufzuhalten.
Am 25. Februar 1992 um 17:00 Uhr war es dann so weit. Ein in der deutschen Rechtsgeschichte einmaliger Akt vollzog sich. Eine Vereinsgründung mit 129 Juristen. Die Prognosen, dass das klappt, waren eher schlecht. Es ging dann doch. Die Teilnehmer, die in den ersten beiden Reihen saßen, wurden vom Versammlungsleiter zu Gründungsmitgliedern bestimmt, insgesamt 18. Diese beschlossen die Satzung. Anschließend traten 111 Anwesende geschlossen dem Verein bei. Diese hielten sofort mit den ersten 18 eine Mitgliederversammlung ab und wählten Prof. Herberger zum Vorsitzenden. Anschließend wurden 14 Beisitzer für den Vorstand gewählt. Diese wiederum wählten Professor Rüßmann und Wolfram Viefhues zu stellvertretenden Vorsitzenden. Das ganze war vom Präsidenten der saarländischen Notarkammer, Herrn Zawar beaufsichtigt worden. Fertig! An dem Dreiergestirn im Vorstand hat sich seitdem auch nichts mehr geändert, und das ist auch gut so!
Es ist Chronistenpflicht, die Namen der 18 Gründungsmitglieder zu nennen. Ich zitiere aus dem Anhang zum Gründungsprotokoll: „Manfred Weihermüller, Götz Walter, Wolfram Viefhues, Thomas Wickern, Wolfgang Tauchert, Helmut Rüßmann, Thomas Lapp, Dierk Mattik, Anette Perger, Klaus Jürgens, Werner Gutdeutsch, Hartmut Eichler, Margarethe Bergmann, Jörg Berkemann, Maximilian Herberger, Axel Hahn, Peter Friderici und Wolfgang Golasowski“.
4. Das erste Jahrzehnt
Jetzt findet die Veranstaltung zum 10ten Mal statt. Was waren die Highlights?
Das Hervorheben bestimmter Vorträge und Referenten birgt die Gefahr, dass nicht Erwähnte übel nehmen, nicht genannt worden zu sein. Deshalb will ich allgemein bleiben und räume ein, dass meine Auswahl subjektiv und unvollständig ist, weil ich auch nicht immer dabei war.
Kurzweilig und Interessant waren die Eröffnungsvorträge. Da hatte das Vorbereitungsteam immer eine glückliche Hand. Höhepunkt war sicherlich der Vortrag von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin im letzten Jahr.
Der EDV-Gerichtstag hat es geschafft die „Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz“ in die Veranstaltung einzubinden. Das ist ein großer Gewinn.
Die Untersuchungen von Kienbaum, Wibera sowie die Ergebnisse von JuRiStaR (Informationstechnische Unterstützung von Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern) der Universitäten Bonn und Tübingen und der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) wurden ausführlich vorgestellt. Die große Verbreitung der Erkenntnisse dieser Untersuchungen in der Justiz ist sicherlich auch ein Verdienst des EDV-Gerichtstages.
Der Arbeitskreis „Softwarebewertung“ hat in der Fachöffentlichkeit Maßstäbe gesetzt.
Die Begleitausstellungen der Firmen werden von Jahr zu Jahr vielfältiger und interessanter.
Das „come together“ bei juris am ersten Abend ist gute Tradition geworden.
Das gemeinsame Essen am zweiten Abend ist der kulinarische Höhepunkt des Jahres und hat zu meinem heutigen Gewicht entscheidend mit beigetragen.
Die Teilnehmerzahlen gehen mit fast 500 Teilnehmern beängstigend in die Höhe. Die Finanzen sind dank der Standmieten und des Mittelabflusses für das Essen und Trinken am zweiten Abend auf hohem Niveau ausgeglichen
Dieses Jahr wird es sogar international.
Und PCs haben wir inzwischen auch alle, und Laptops und Handys und PDA und alles ist vernetzt und im Internet sind wir auch ständig drin.
Die Halbwertzeit des Wissens beträgt in der EDV bekanntlich 6 Monate. Der EDV-Gerichtstag trägt dazu bei, den Anschluss zu behalten.
Alles in Ordnung oder doch nicht?
5. Ausblick
Es ist dem EDV-Gerichtstag mit zu verdanken, dass die Datenverarbeitung in der Justiz ein hohes Niveau hat. Der Erfahrungsaustausch in und außerhalb der Arbeitskreise hat einen unschätzbaren Wert. In diesem Zusammenhang darf die JurPC nicht unerwähnt bleiben, die den literarischen Teil der Veranstaltung abdeckt.
Der EDV-Gerichtstag hat unsere berufliche Karriere und teilweise unser Leben geprägt. Ich persönlich wäre heute nicht Geschäftsführer der ID Bremen GmbH, wenn es den EDV-Gerichtstag nicht gäbe.
Ein 10jähriges Bestehen sollte auch Anlass sein, über die nächsten 10 Jahre nachzudenken. Ich habe mir zur Vorbereitung des Vortrages die Satzung des Vereins angeschaut und da besonders den § 2, der den Vereinszweck regelt. Aus heutiger Sicht erscheint er mir sehr nach innen gerichtet. Der Kampf um den dienstlichen PC leuchtet zwischen den Zeilen heraus, verständlich angesichts der Situation bei Gründung des EDV-Gerichtstages.
Ist das noch aktuell? Ich glaube nicht.
In der übrigen öffentlichen Verwaltung wird sehr intensiv über die Qualität der Dienstleistung für den Bürger nachgedacht und entsprechend gehandelt. Vor drei Jahren hatte ich Gelegenheit, hierzu an dieser Stelle vorzutragen. Seitdem sind zahlreiche e‑Government-Projekte in Gang gesetzt worden. Inzwischen wird darüber nachgedacht, wie die Sachbearbeitung für die Fachkräfte in der Verwaltung durch den Einsatz von Web-Technologien verbessert und beschleunigt werden kann. Es entstehen lokale und zentrale Bürger-Service-Center, deren Konzeption ganz wesentlich auch auf Technik-Einsatz beruht.
Dieser Herausforderung muss sich auch die Justiz stellen. Wir sollten uns nicht täuschen. Das Bild der Justiz in der Öffentlichkeit ist nicht so toll. Ich behaupte sogar, dass der drohende Erfolg des Ex-Richters Schill in Hamburg mit seine Ursache in der Unzufriedenheit des Bürgers mit der Leistungsfähigkeit der Justiz hat. Wenn wir künftig über EDV in der Justiz sprechen, darf Effizienz kein Tabu-Thema sein. Es darf uns nicht passieren, dass wir mit verklärtem Blick vor unseren TFT-Bildschirmen sitzen und die Justiz in die Hände von Leuten fällt, die ganz was anderes im Schilde haben. Wir müssen wachsam sein und besser werden. Eine Erkenntnis aus dem Total Quality Management lautet: „Wer nicht besser wird, ist nicht gut und wer nicht gut ist, hat keine Chance“.
Den Vorstand möchte ich bitten, sich unter diesem Gesichtspunkt mal die Satzung anzuschauen. Vielleicht sollten wir im nächsten Jahr über einen „refresh“ des § 2 sprechen. Ich halte das mal wieder für „angebracht“.
6. Dank für die Aufmerksamkeit
Für heute bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Verständnis dafür, dass ich heiter begonnen und ernst geendet habe. Die Zeiten sind so.
Vielen Dank!