Bund-Länder-Kommission I
Eröffnung und Elektronischer Rechtsverkehr
Zeit: | Donnerstag, 25. September 2003, 13.00 Uhr |
Ort: | HS 111 |
Referenten: | Herr Leitender Ministerialrat Fischer, Vorsitzender der Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz Herr Ministerialrat Schmieszek, Bundesministerium der Justiz Herr Richter am Oberlandesgericht Dr. Bacher |
Dokumente: | Protokoll |
Herr Leitender Ministerialrat Fischer,
Vorsitzender der Bund-Länder-Kommission für
Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz
- Eröffnung des Veranstaltungsblocks der Bund-Länder-Kommission
für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz
Die Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz (BLK) hat ihre Aktivitäten auf dem Gebiet des Elektronischen Rechtsverkehrs fortgesetzt und intensiviert. Auf ihrer Tagung im Mai 2003 konnte der Schlussbericht der Arbeitsgruppe Elektronischer Rechtsverkehr zum elektronischen Rechtsverkehr in Owi-Sachen abschließend beraten werden. Neben der koordinierenden Begleitung der in den Ländern initiierten Pilotprojekte bildete die intensive Diskussion mit dem Bundesjustizministerium zu dem Entwurf eines Justizkommunikationsgesetzes einen weiteren Arbeitsschwerpunkt. Am 24. September 2003 findet in Saarbrücken eine Sondersitzung der Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz zum Justizkommunikationsgesetz statt.
Die Zusammenführung elektronischer Informationsdienste der Justiz in bundesweiten Portallösungen ist ein bedeutendes Arbeitsergebnis der BLK. So konnte zwischenzeitlich ein bundesweites Portal zur Veröffentlichung von Insolvenznachrichten in Betrieb genommen werden, über das bereits die elektronische Veröffentlichung von Bekanntmachung mehrerer Ländern erfolgt. Ein vergleichbares Portal für die Auskunftserteilung aus dem Handelsregister ist in Vorbereitung.
Herr Leitender Ministerialrat Fischer wird einen kurzen Überblick über die Aktivitäten der Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz geben. In der Überleitung zum Themenblock Elektronischer Rechtsverkehr wird Gelegenheit bestehen, über die Ergebnisse der BLK-Sondersitzung vom Vortag zu berichten.
Herr Ministerialrat Schmieszek,
Bundesministerium der Justiz
- Überblick über das Justizkommunikationsgesetz
Mit dem Formvorschriftenanpassungsgesetz und mit dem Zustellungsreformgesetz hat der Gesetzgeber das gerichtliche Verfahren für den elektronischen Rechtsverkehr geöffnet. Auf der Grundlage dieser Gesetze können elektronische Schriftsätze bei Gericht eingereicht und elektronische Zustellungen vom Gericht an einen festgelegten Personenkreis vorgenommen werden. Die elektronische Akte ist auf der Grundlage des geltenden Rechts allerdings noch nicht realisierbar. Das geplante Justizkommunikationsgesetz soll diese Lücke schließen und die elektronische Akte und der elektronische Workflow innerhalb des Gerichts und innerhalb des Instanzenzugs verfahrensrechtlich ermöglichen. Nachdem das BMJ hat im August des vergangenen Jahres zunächst einen Diskussionsentwurf und später einen Referentenentwurf vorgestellt hat wird demnächst ein Regierungsentwurf dem Kabinett vorgelegt werden. Das Gesetz soll Anfang 2005 in Kraft treten. Teile aber schon früher.
Mit dem geplanten Gesetz sollen der Zivilprozess, die Fachgerichtsbarkeiten und das Ordnungswidrigkeitenverfahren für eine elektronische Aktenbearbeitung geöffnet werden.
Gerichtsakten sollen künftig auf der Grundlage von Rechtsverordnungen entweder (vollständig) in Papierform oder elektronisch geführt werden; Hybridakten, die z.T. aus Papierdokumenten und z.T. aus elektronischen Dokumenten bestehen, soll es nach den derzeitigen Vorstellungen nicht geben. Probleme macht in diesem Zusammenhang insbesondere der Medientransfer. Die Akteneinsicht in die elektronische Akte soll künftig auch Online möglich sein. Im Übrigen sollen aber die bisherigen Formerfordernisse — soweit dies möglich ist — qualitativ unverändert bleiben. Soweit die Unterschrift unter Schriftstücke notwendig ist, soll diese durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Soweit das Verfahrensrecht vorsieht, dass auf Dokumenten ein gesonderter Vermerk anzubringen ist (Berichtigungsvermerk, Ausfertigungsvermerk, Verkündungsvermerk etc.), sollen Ergänzungen sowie Berichtigungen in einem gesonderten Dokument festzuhalten und dieses mit dem Ursprungsdokument untrennbar — im Rahmen eines elektronischen Containers — verbunden werden.
Bei der Zwangsvollstreckung kann derzeit auf die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung in der herkömmlichen Papierform nicht verzichtet werden, soweit die Vollstreckung/Beitreibung nicht wie im Bereich des Bußgeldverfahrens durch den Staat als Gläubiger betrieben und die dabei beigetriebenen Beträge in einem Vollstreckungsheft vermerkt werden. Voraussetzung für die Vollstreckung aus elektronischen Titeln wäre ein Vollstreckungsregister für elektronische Titel. Im Strafverfahren soll derzeit nur die elektronische Kommunikation ermöglicht werden; eine vollständig elektronisch geführte Akte ist zurzeit nicht geplant. Im Beurkundungsrecht wird die Möglichkeit eingeführt, Dokumente elektronisch zu beglaubigen. Insbesondere soll die Möglichkeit geschaffen werden, die Übereinstimmung eines Dateiausdrucks mit der Originaldatei zu beglaubigen. An die Möglichkeit einer elektronischen Beurkundung wird derzeit nicht gedacht. Das geplante Justizkommunikationsgesetz JKomG soll schließlich auch noch genutzt werden, um das Bekanntmachungswesen auf elektronische Veröffentlichungen umzustellen.
Herr Richter am Oberlandesgericht Dr. Bacher
- xJustiz beim BGH
Der im Auftrag der Bund-Länder-Kommission erstellte Standard XJustiz soll den elektronischen Austausch von verfahrens- und dokumentbezogenen Daten zwischen Gerichten, Staatsanwaltschaften und allen Verfahrensbeteiligten nach einem bundeseinheitlichen Standard ermöglichen. Zur Beschreibung der Datenstrukturen werden XML-Schema-Definitionen eingesetzt.
Ein erster Entwurf von XJustiz wurde auf dem EDV-Gerichtstag 2002 zur Diskussion gestellt. Dieser Entwurf ist in der Zwischenzeit grundlegend überarbeitet worden. Die vorgenommenen Änderungen dienten vor allem der Straffung und Vereinfachung des Datenmodells und der leichteren Integrierbarkeit von Zusatzmodulen für besondere Verfahrensarten.
Zum diesjährigen EDV-Gerichtstag wird XJustiz voraussichtlich in der Fassung präsentiert werden können, die der Bund-Länder-Kommission im November 2003 zur endgültigen Verabschiedung vorgelegt wird. Kurz vor dem Gerichtstag wird die neue Fassung auch im Internet abrufbar sein.