Digitale Signatur
Zeit: | Donnerstag, 25. September 2003, 13.00 Uhr |
Ort: | HS 117 |
Moderation: | Herr Ltd. Reg. Dir. Dr. Wolfgang Tauchert |
Referenten: | Herr Rechtsanwalt Jürgen Kuck Herr Dr. Andreas Bovenschulte |
Dokumente: | Protokoll |
Jürgen Kuck:
Der reale Einsatz der digitalen Signatur im heutigen Rechtsverkehr
Nachdem die digitale Signatur nunmehr schon einige Jahre Gegenstand der juristischen Diskussion war und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ihrer Verwendung im Rechtsverkehr geschaffen wurden, stellt sich die Frage, wie sich der Einsatz der digitalen Signatur in der Praxis darstellt.
Festzuhalten ist, daß an deutschen Gerichten bislang nur vereinzelt die technischen Voraussetzungen geschaffen worden sind, um Klageverfahren auf dem elektronischen Wege zu bearbeiten. Vorbildlich ist hier der BGH, an dem die Einreichung von Rechtsmittelschriften mittlerweile technisch einwandfrei funktioniert. Dagegen setzt die breite Bevölkerung die digitale Signatur schlichtweg überhaupt nicht ein.
Obwohl die Anwendungsmöglichkeiten der digitalen Signatur sowohl für den Kontakt zwischen Bürgern und Behörden als auch zwischen Unternehmen und Privaten innerhalb des freien Rechtsverkehrs vielfältig sind, konnte sich die digitale Signatur (jedenfalls bisher) dort nicht durchsetzen. Dies hat seinen Grund darin, daß mit der Zertifizierung einerseits und der Schaffung der technischen Voraussetzungen andererseits nicht unerhebliche Investitionskosten und rein tatsächliche Mühen verbunden sind, die bislang nicht durch einen Mehrwert und damit einen erhöhten Verwendungsanreiz zugunsten der privaten Benutzer aufgewogen werden.
Beispiel für einen Mehrwert könnte die Verbindung der für einen Signaturvorgang erforderlichen Key-Card mit einem biometrischen Authentifizierungsverfahren sein, um die Key-Card gleichzeitig z.B. zur Eingangskontrolle zu nutzen oder zur Zahlung kleinerer Beträge zu verwenden. Die Attraktivität der digitalen Signatur und damit gleichsam ihre Verbreitung muß nicht nur für einzelne Berufsgruppen in Ihrer jeweiligen Funktion (Anwälte, Steuerberater, Ärzte), sondern gerade in nicht-berufsspezifischen, privaten Bereichen gesteigert werden.
Ihren Siegeszug wird die digitale Signatur wohl erst dann antreten können, wenn große Wirtschaftsunternehmen (beispielsweise Banken und Versicherungen) die Verbreitung der Hardware und dadurch die Verbreitung der Voraussetzungen für die digitale Signatur durch Sonderkonditionen oder Aktionen unterstützen, und gleichzeitig ein Mehrwert für den Anwender geschaffen wird, der den Einrichtungsaufwand mindestens aufwiegt.
Dr. Andreas Boltenschulte:
Elektronischer Rechtsverkehr in der Praxis
Der elektronische Rechtsverkehr in Deutschland steckt noch in den Kinderschuhen. Nur in wenigen Fällen werden schon heute elektronische Dokumente im Echtbetrieb zwischen Gerichten und Parteien ausgetauscht. Gleichwohl haben bereits die ersten vorsichtigen Gehversuche eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die im Interesse einer zügigen Weiterentwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs geklärt werden müssen:
- Unter welchen Voraussetzungen wird ein Zugang für elektronische Kommunikation bei Gerichten und Parteien eröffnet? Gilt der “Verordnungsvorbehalt” in § 130a II ZPO auch für den Austausch nicht signierter elektronischer Dokumente? Erfasst er auch die elektronische Zustellung?
- Welche Anforderungen an die Form elektronischer Dokumente kann bzw. sollte der Verordnungsgeber festlegen? Welche Rechtsfolgen zieht eine Nichteinhaltung der durch die Verordnung vorgeschriebenen Form nach sich?
- In welchen Fällen sind qualifizierte elektronische Signaturen einzusetzen? Darf der Verordnungsgeber die Soll-Vorschrift des § 130a I ZPO zu einer Muss-Vorschrift verstärken?
- Darf der Einsatz qualifizierter elektronischer Signaturen auf bestimmte Produkte/TrustCenter beschränkt werden?
- Muss das Gericht bei eingehenden qualifiziert signierten Dokumenten eine Signaturprüfung durchführen?
- Ist die Verwendung von Pseudonymen im elektronischen Rechtsverkehr zulässig? Darf der Verordnungsgeber die Verwendung von Pseudonymen ausschließen?
- Ist die Verwendung von Zertifikatsattributen geboten oder jedenfalls zweckmäßig? Darf der Verordnungsgeber die Verwendung von Attributen vorschreiben oder ausschließen?
- Wann ist ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen? Ist die Einrichtung gemeinsamer Eingangsstellen für mehrere Gerichte zulässig?
- In welchen Fällen ist eine Verschlüsselung übermittelter elektronischer Dokumente erforderlich?
- Was sind die Anforderungen an eine Zustellung elektronischer Dokumente?
Die aufgeworfenen Fragen betreffen lediglich die beiden Konstellationen “Übermittlung elektronischer Dokumente der Parteien an das Gericht” und “Zustellung elektronischer Dokumente der Parteien durch das Gericht”. Eine Reihe zusätzlicher Fragen wird die Einführung des gerichtlichen elektronischen Dokuments und der elektronischen Akte durch das geplante Justizkommunikationsgesetz aufwerfen. Hier bleibt aber vieles zum jetzigen Zeitpunkt noch Spekulation.