Elektronischer Rechtsverkehr in den Niederlanden
Zeit: | Donnerstag, 25. September 2003, 13.00 Uhr |
Ort: | HS 105 |
Moderation: | Herr Richter am Amtsgericht Dr. Wolfram Viefhues, Herr Richter am Oberlandesgricht Karl-Heinz Volesky |
Referenten: | Herr Bartosz Sujecki, Assistent in Opleiding, Universiteit Utrecht Frau Dory Reiling, Rat für Rechtsprechung in Niederlande, Zutphen |
Dokumente: | Protokoll |
Das “ICT — Proeflokaal” in Zutphen — der elektronische Rechtsverkehr auf Niederländisch
Der EDV-Gerichtstag hat auch in den früheren Jahren regelmäßig einen “Blick über die Grenzen” geworfen, um die Erfahrungen des Auslandes mit der EDV im Bereich von Justiz und Anwaltschaft auch für uns in Deutschland nutzbar zu machen. Auch beim Thema elektronischer Rechtsverkehr haben ausländische Justizsysteme bereits wertvolle Erfahrungen gewonnen.
Der elektronische Rechtsverkehr gewinnt auch in den Niederlanden im zunehmenden Maße an Bedeutung. Der Einsatz von IT — Mittel innerhalb der Justiz erfolgt hier, im Gegensatz zu Deutschland, wo sich neben dem elektronischen Mahnverfahren auch noch weitere Projekte bereits im Echtzeitbetrieb befinden, zwar nur vereinzelt und erst im Versuchsstadium. Allerdings können möglicherweise hier einige Lösungsansätze auch außerhalb der niederländischen Landesgrenzen nutzbar gemacht werden.
Zunächst ist für einen umfassenden Einsatz elektronischen Rechtverkehrs die Anpassung der gesetzlichen Vorschriften erforderlich. Diese Anpassung erfolgt aber erst zögernd in den Niederlanden. Bisher hat der niederländische Gesetzgeber am 8. Mai 2003 lediglich die digitale Signatur in Art. 3:15a BW (niederländisches BGB) gesetzlich eingeführt. Gem. Art. 3:15c BW ist diese Vorschrift auch auf alle andere Rechtsgebiete, und somit auch das Verfahrensrecht anwendbar. Daneben befindet sich die Einführung der elektronischen Form in Art. 3:227a Abs. 1 Entwurf — BW im Gesetzgebungsverfahren. Allerdings lässt sich hier noch nicht absehen, wann das Gesetz in Kraft treten wird. Außerdem ist im Gesetzentwurf der Anwendungsbereich der elektronischen Form auf den Vertragsabschluss begrenzt, so dass hier eine Änderung unausweichlich erscheint.
Darüber hinaus zwingt die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs auch zur Änderungen in der Gerichtsorganisation, da die einzelnen Handlungsabläufe an die neue Umgebung angepasst werden müssen. Der niederländischen Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2002 einige Neuerungen vorgenommen, die unter anderem zur Einführung des Rates für die Rechtsprechung (Raad voor de Rechtspraak) führten. Diese Behörde, die eine Stellung zwischen dem niederländischen Justizministerium und der Gerichtsbarkeit einnimmt, verteilt zum einen das jährliche Budget auf die einzelnen Gerichte und legt gegenüber Justizministerium einen Rechenschaftsbericht ab. In ihrer beratenden Funktion unterstützt sie auch die Justiz, um Geschäftsführung der Gerichte sowie die Qualität der Rechtsprechung insgesamt zu verbessern. Innerhalb dieser Behörde befindet sich auch das ICT — Proeflokaal in Zutphen. In dieser Einrichtung, die im dortigen Landgericht (Rechtbank) untergebracht ist, wird der mögliche Einsatz elektronischer Mittel innerhalb der Justiz simuliert. Interessierte Anbieter aus der IT — Branche können sich mit dem ICT — Proeflokaal in Verbindung setzen und entweder ihre Produkte den Gerichten anbieten oder bei der Entwicklung neuer Produkte mitarbeiten. Dafür wurde eigens ein Sitzungssaal aufgebaut, in dem ihre Brauchbarkeit getestet sowie demonstriert wird. Das ICT — Proeflokaal soll aber nicht nur als ein Testlaboratorium eingesetzt werden. Vielmehr wird der innerhalb der einzelnen Prüfungsverfahren aufgebaute Wissenstand den einzelnen interessierten Gerichten in einer Datenbank zur Verfügung gestellt. Somit können sowohl die einzelnen Gerichte als auch das Justizministerium über die neusten Einsatzmöglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie innerhalb der Justiz informiert werden. Kommt es anschließend zum Einsatz eines Produktes, so werden auch durch das ICT — Proeflokaal Lehrgängen organisiert, in denen die Gerichtsbediensteten geschult werden. Obwohl die Gerichte bei der Auswahl der einzelnen Produkte ein Ermessen haben, wird durch die Zwischenschaltung des ICT — Proeflokaals eine einheitliche Anwendung des elektronischen Rechtsverkehrs garantiert.
In der Präsentation im Arbeitskreis sollen zunächst die bisherigen gesetzlichen Anpassungen zur zukünftigen Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in den Niederlanden dargestellt werden. Anschließend wird die Arbeitsweise des ICT — Proeflokaals anhand von einigen aktuellen Projekten dargestellt werden. Schließlich soll auf die im Rahmen einer grundlegenden Reform der niederländischen ZPO diskutierten Einsatzmöglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs eingegangen werden.
Frau Dory Reiling, Rat für Rechtsprechung in Niederlande, Zutphen
Zuerst wird das Holländische Rechtssystem kurz vorgestellt. Dann, was wir an EDV schon bei den Gerichten in Betrieb haben. Dann komme ich zu unserer Philosophie in Sachen EDV für die Justiz. Um zu lernen was wir brauchen, müssen Experimente organisiert werden. Welche Experimente machen wir, und wozu tun wir das? Und damit komme ich zur richterlichen Qualität.