Justiz in Brasilien
Zeit: | Freitag, 26. September 2003, 11.00 Uhr |
Ort: | HS 118 |
Moderation: | Herr Prof. Dr. Maximilian Herberger |
Referenten: | Herr Prof. Dr. Jürgen Philips, Herr Kioitsi Chicuta, Herr Sérgio Cardoso, Frau Sueli Pini |
Dolmetscherin: | Frau Tinka Reichmann |
Verlinkung: | Praktikum |
Teil 1. Das brasilianische Grundbuch — Stand der EDV zum Beginn des neuen Jahrtausends
(Vortrag auf Deutsch)
Die vom brasilianischen Institut für Grundbuchwesen (IRIB) entsandten Referenten Prof. Dr.-Ing. Jürgen Philips (Professor für Geodäsie der UFSC in Florianópolis) und Herr Kioitsi Chicuta (Richter aus São Paulo, juristischer Berater des IRIB) werden über die Einführung des elektronischen Grundbuchs in Brasilien sprechen. Es werden zunächst die juristischen Grundlagen des brasilianischen Grundbuchs allgemein und die Voraussetzungen für ein elektronisches Grundbuch im Besonderen dargelegt und erste Erfahrungen vorgetragen. Ferner werden die relevanten Vorschriften des neuen brasilianischen Zivilgesetzbuchs aus dem Jahr 2003 und der Einfluss des deutschen Rechts auf das brasilianische Grundbuch kommentiert. Auch Sicherheitsfragen für ein elektronisches Grundbuch werden in diesem Vortrag angesprochen. (S. Pressemitteilung des saarländischen Ministeriums der Justiz über den Besuch der brasilianischen Delegation im Saarl. Grundbuchamt)
Teil 2. Informationstechnologie in der brasilianischen Justiz
(Vortrag auf Portugiesisch mit Verdolmetschung)
Der vom Rat der Bundesjustiz Brasiliens (CJF) entsandte Referent Sérgio Cardoso (Bundesrichter im Bundesstaat Santa Catarina) wird über die Anwendung der Informationstechnologien in der brasilianischen Justiz sprechen. Hierfür wird zunächst auf die Struktur und die Kompetenzen der brasilianischen Justiz und insbesondere der Bundesjustiz eingegangen. Der Referent wird die verschiedenen Initiativen zur Modernisierung der Justiz ansprechen, die die Trägheit des Justizapparates überwinden und den Bürgern einen breiteren Zugang zur Justiz ermöglichen sollen. Es werden aktuelle Projekte der Informatisierung in der Bundesjustiz vorgestellt und technische und juristische Hindernisse kommentiert. Herr Cardoso wird eine kurze Übersicht über die neuen EDV- und Kommunikationstechnologien und ihre Auswirkungen auf die Bürger und die Justiz darlegen und eine kritische Analyse der Hauptprobleme der Justiz in diesem Bereich ansprechen. Es werden einige mögliche Lösungen für diese Probleme vorgeschlagen.
Teil 3. Modernisierung der Justiz: die mobilen Gerichte
(Vortrag auf Portugiesisch mit Verdolmetschung)
Die Referentin Sueli Pereira Pini ist Richterin im Bezirk der Stadt Macapá, Bundesstaat Amapá und dort Koordinatorin der besonderen Zivilgerichte. In ihrem Vortrag berichtet Frau Pini über verschiedene Modernisierungsinitiativen der brasilianischen Justiz, die einen flexibleren, schnelleren und effizienteren Justizapparat und größere Bürgernähe anstreben. Um der Bevölkerung den Zugang zur Justiz zu erleichtern, wurden vor ca. fünf Jahren mobile Gerichte geschaffen. Diese fahren in Bussen oder Schiffen in entlegene Gebiete und halten vor Ort Gericht. Busse und Schiffe sind mit einem Gerichtssaal, mit Unterkünften für Richter, Parteienvertreter und andere Beteiligte und einer EDV-Infrastruktur ausgestattet, um die Verfahren zu beschleunigen. Es handelt sich um eine sehr fortschrittliche Dienstleistung der Justiz, die dazu beiträgt, die Distanz zwischen der Justiz und der Bevölkerung zu verringern. Auch ein mobiles Zivilgericht für Straßenverkehrsunfälle, das direkt an den Unfallort fährt, ist im Einsatz. Durch diese mobilen Gerichte bekommen viele Bewohner im Amazonasgebiet erstmals die Chance, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen, womit ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratie und Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung getan wird. Lesen Sie hierzu auch den Erfahrungsbericht von Frau Bettina Leupold, die ein Praktikum auf dem Gerichtsschiff absolviert hat.
Bei allen Vorträgen ist Zeit für Fragen des Publikums eingeplant. Zusätzlich zu dem Arbeitskreis “Justiz in Brasilien” werden am Donnerstag, 25.09.2003 in HS 120 um 13.00, 14.00, 15.00 und 16.00 Uhr zwei Filme über die Arbeit des Rates der Bundesjustiz und über das Gerichtsschiff im Amazonasgebiet gezeigt. Im ersten Film werden die Struktur und die Aufgaben des Rates der Bundesjustiz Brasiliens erläutert und verschiedene innovative Projekte der brasilianischen Bundesjustiz dargestellt, wie z. B. die Schaffung von besonderen Gerichten, die Verbesserung der EDV-Infrastruktur, das elektronische Steuereintreibungsverfahren, die Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs, die Verschärfung der Geldwäschegesetze, das Justizfernsehen u. a. Der zweite Film (“Das Dschungelgericht — Mit dem Justizschiff auf dem Amazonas” von Klaus Dexel) hat die alltägliche Arbeit auf dem Gerichtsschiff zum Inhalt. Beide Filme haben deutsche Untertitel. Der Film “Das Dschungelgericht” wird am 03.11.2003 um 20.15 Uhr und am 06.11.2003 um 8.45 Uhr erneut im WDR3 ausgestrahlt.