Bund-Länder-Kommission I
Zeit: | Donnerstag, 16. September 2004, 13.00 Uhr |
Ort: | HS 111 |
Referenten: | Herr Leitender Ministerialrat Hans-Josef Fischer, Vorsitzender der Bund- Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz Herr Regierungsdirektor Bredl Herr Ministerialrat Schmieszek |
Dokumente: | Ankündigung — Protokoll |
Begrüßung
durch den BLK-Vorsitzenden, Herrn Leitenden Ministerialrat Fischer
Herr Regierungsdirektor Bredl:
Arbeiten der BLK zum elektronischen Rechtsverkehr
Als einer der letzten bisher noch nicht untersuchten größeren Verfahrensbereiche wurden von der BLK die gerichtlichen Ordnungswidrigkeitensachen für einen möglichen Einsatz des elektronischen Rechtsverkehrs geprüft. Ein speziell dafür eingerichteter Arbeitskreis der Arbeitsgruppe Elektronischer Rechtsverkehr hat sich mit den Details bei den Ordnungswidrigkeiten in Straßenverkehrssachen befasst. Im Ergebnis werden auch in diesen gerichtlichen Angelegenheiten gute Möglichkeiten für einen Einsatz des elektronischen Rechtsverkehrs gesehen. Die Rechtsgrundlagen für den elektronischen Rechtsverkehr in Ordnungswidrigkeitensachen sollen mit dem Justizkommunikationsgesetz geschaffen werden. Im Vergleich zu anderen gerichtlichen Verfahren sind bei den Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten die Rahmenbedingungen sogar besonders günstig, nachdem das vorausgehende Bußgeldverfahren bei den Verwaltungsbehörden oftmals schon auf Basis digitaler Akten geführt wird. Um einen möglichst hohen Rationalisierungseffekt erzielen zu können, sollte das Ziel erreicht werden, Personen- und Verfahrensdaten einschließlich der Dokumente nur einmal elektronisch zu erfassen und die Daten bei allen beteiligten Stellen elektronisch zu übermitteln. Dafür bedarf es einheitlicher abgestimmter Konventionen auf der Grundlage von xJustiz und der organisatorisch-technischen Leitlinien für den elektronischen Rechtsverkehr (OT-Leit-ERV).
Weitere Schwerpunkte der BLK bzw. der Arbeitsgruppe Elektronischer Rechtsverkehr waren die Diskussion mit dem Bundesjustizministerium zu dem Entwurf für ein Justizkommunikationsgesetz sowie die Weiterentwicklung der OT-Leit-ERV im Hinblick auf die inzwischen notwendigen aktuellen Anpassungen und zur Vorbereitung auf die notwendigen Maßnahmen zur Einführung der elektronischen Akte.
Für das Justizkommunikationsgesetz liegt inzwischen ein Regierungsentwurf vor, der in vielen Regelungen mit den Anforderungen der BLK nicht in Einklang steht. Ein besonderes Interesse besteht deshalb darin, die notwendigen Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren umzusetzen. Über die Verfahrensordnungen hinweg konsolidierte Regelungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Schaffung sicherer Grundlagen für die elektronische Aktenführung und für einen wirtschaftlichen elektronischen Rechtsverkehr.
Herr Ministerialrat Schmieszek
Stand der Arbeiten zum Justizkommunikationsgesetz
Der Entwurf eines Justizkommunikationsgesetzes ist am 28. Juli 2004 vom Bundeskabinett beschlossen worden. Der Bundesrat wird Mitte September 2004 im ersten Durchgang seine Stellungnahme abgeben, sodass der Entwurf voraussichtlich ab November 2004 in den Ausschüssen des Bundestages beraten werden kann. Der weitere Verlauf des Gesetzgebungsvorhabens lässt sich nicht prognostizieren und wird davon abhängen, welcher Beratungsbedarf gesehen wird.
Ergänzend zu den jetzt schon vorhandenen rechtlichen Grundlagen für die elektronische Kommunikation zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten schafft der Gesetzentwurf die rechtlichen Voraussetzungen für den elektronischen Workflow bei Gericht. Durch das Gesetz sollen der Zivilprozess, der Arbeits‑, Verwaltungs‑, Finanz- und Sozialgerichtprozess und das Ordnungswidrigkeitenverfahren umfassend für den elektronischen Rechtsverkehr geöffnet werden. Im Bereich des Strafverfahrens wird die Möglichkeit geschaffen, elektronisch zu kommunizieren. Das herkömmliche Prozessrecht, das von der Papierform ausgeht, wird deshalb so umgestaltet, dass es für die neuen Techniken offen ist. Der Gesetzentwurf enthält deshalb Regelungen, die Anforderungen an elektronische Dokumente festschreiben, denn auch bei elektronischen Dokumenten muss sichergestellt sein, dass das Dokument authentisch ist, also tatsächlich von seinem Verfasser stammt und nicht verändert worden ist. Insoweit sieht der Gesetzentwurf vor, dass elektronisch abgefasste Urteile mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sind. Bestimmende Schriftsätze, wie z. B. Klageschriften, müssen grundsätzlich ebenfalls qualifiziert elektronisch signiert sein. Weiter enthält der Entwurf Regelungen über die elektronische Akteneinsicht, über den Beweiswert elektronischer Dokumente und über den Medientransfer sowie Regelungen über die Umwandlung von Papierdokumenten in elektronische Dokumente.
Der Gesetzentwurf steht im Zusammenhang mit der Initiative Bund-Online 2005, mit der sich die Bundesregierung verpflichtet hat, bis zum Jahr 2005 alle internetfähigen Dienstleistungen bis zum Jahr 2005 zur Verfügung zu stellen.
Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wird Anlass bestehen, insbesondere über die folgenden Problemfelder nachzudenken:
- Signaturtiefe bei der Korrespondenz zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch vor dem Hintergrund der geplanten Änderung des Signaturgesetzes,
- Medientransfer, also insbesondere Transfer von Papierdokumenten in elektronische Dokumente
- Beweisregelungen, also die Beweiskraft elektronischer Dokumente und von Dokumenten, die aus der Papierform in ein elektronisches Dokument transferiert worden sind,
- elektronische Akteneinsicht,
- Aufbewahrung von elektronischen Dokumenten, insbesondere auch über die Möglichkeit, die Datenverarbeitung extern erledigen zu lassen.