Bund-Länder-Kommission II
Zeit: | Donnerstag, 16. September 2004, 15.00 Uhr |
Ort: | HS 111 |
Referenten: | Herr Regierungsdirektor Ballewski Herr Richter am Finanzgericht Schwenkert Herr Richter am Oberverwaltungsgericht Geis |
Dokumente: | Ankündigung — Protokoll |
Elektronischer Rechtsverkehr bei dem Finanzgericht Cottbus
(Herr Regierungsdirektor Ballewski, Herr Richter am Finanzgericht Schwenkert)
Seit dem Jahr 2001 wurden zunächst in systematische Vorarbeit im Finanzgericht Cottbus und im Ministerium insbesondere die fachlichen und technischen Anforderungen definiert. Im Zusammenwirken mit Signaturanbietern, Softwarehäusern und Beteiligten (Kammer, Steuerberatern usw.) wurden ein Projektdesign sowie technische und organisatorische Konzepte für Einführungs- und Erprobungsbetrieb erarbeitet und Software entwickelt. Seit 1.9.2003 befindet sich das Finanzgericht im Echtbetrieb. Dokumente mit Signatur (bestimmende Schriftsätze, Klagen usw.) gehend seit dem zwar laufend, aber noch nicht massenhaft ein.
Die digitalen Dokumente werden über den „Elektronischen Gerichtsbriefkasten“ des Landes entgegengenommen, gegenüber dem Absender per Sofortbestätigung im „upload-Verfahren“ (DocumentBeam) automatisch bestätigt, sowie in der gerichtsinternen Poststelle technisch geprüft und dem Gerichtsverfahren EUREKA-Fach technisch übergeben. Dort wird des Schreiben in er Regel automatisch dem Aktenzeichen und der Abteilung zugeordnet (Az über XML) und in die elektronische Dokumentenliste des Verfahrens als Vorstufe zur elektronischen Akte eingespielt. Die Serviceeinheit spielt den Eingang dem Richter zu, der dann am installierten Zweitbildschirm den Vorgang lesen und ggf. parallel elektronisch verfügen oder konventionell mit der Serviceeinheit und EUREKA-Fach zusammenarbeiten kann. Die Zustellung der signierten gerichtlichen Schriftsätze geschieht im Verlauf des Verfahrens gegenüber den angemeldeten Steuerberaterkanzleien ebenfalls über den elektronischen Gerichtsbriefkasten per Internet.
Das Projekt veranlasste Umfragen im Gericht und bei den Parteien vor Eintritt in den Echtbetrieb als auch jetzt während der ersten Erfahrungsphasen. Seitens der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus soll eine anschließende Analyse ermöglicht werden. Derzeit laufen erste Evaluationsprozesse aber auch weitere Akquisitionsmaßnahmen (Veranstaltungen mit Steuerberatern seitens des Projekts, als auch seitens der Kammern). Eine Ausweitung der fachlichen Erprobung auf die ordentliche Gerichtsbarkeit — mit vergleichbaren Folgefunktionen für die Dokumentenhaltung im Zusammenwirken mit dem Verfahren MEGA — ist in aktueller Vorbereitung.
Erste fachliche Erkenntnisse werden derzeit aufbereitet zu den ERV-Themen:
‑Bedeutung des Produktionsverfahrens für ERV (wie hier z.B. EUREKA-Fach);
‑Art der technischen Lösungen (hier „upload“-Verfahren statt E‑Mail-Verkehr);
‑Art der Sicherheitskonzeption für die Infrastruktur zur Risikominimierung und
‑Akzeptanzfragen in der Praxis der Partner (Behördenanbindung, Parteien).
Elektronischer Rechtsverkehr bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz
(Herr Richter am Oberverwaltungsgericht Geis)
Seit dem 5. Februar 2004 können Anwälte und Behörden schnell, unkompliziert und ohne Qualitätsverlust auch auf elektronischem Wege beim Oberverwaltungsgericht Rheinland- Pfalz rechtswirksam per E‑Mail Klage erheben, Anträge stellen, Schriftsätze einreichen und vom Gericht übermittelte elektronische Dokumente empfangen. Die auf der Grundlage des § 86 a Abs. 2 VwGO ergangene Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 22. Dezember 2003 (GVBl. 2004 S. 36) schafft hierzu die rechtlichen Voraussetzungen. Bei der Übermittlung der Dokumente als Dateianhang einer E‑Mail müssen Vorgaben beachtet werden, die insbesondere die Dateiformate sowie die qualifizierte elektronische Signatur betreffen. So können die übermittelten elektronischen Dokumente gelesen und ihre Verfasser erkannt werden. Die Dokumente nehmen den Weg über die “Datenautobahn” und landen in einem allgemein zugänglichen “elektronischen Briefkasten” – gbk.ovg@ovg.jm.rlp.de – .
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz setzt als erstes Gericht mit dem Microsoft BizTalk Server eine technische Lösung für den elektronischen Rechtsverkehr ein, die eingehende E‑Mails automatisch verarbeitet. Das System prüft die Gültigkeit der qualifizierten Signatur sowie die verwendeten Dateiformate. Nach diesem Prüflauf werden die Nutzerdaten mit dem eigentlichen Inhalt von der Signatur getrennt und dem Verfahren EUREKA-FACH, einem modernen Gerichtsorganisationssystem, zur Verfügung gestellt. Der Absender erhält automatisiert eine Eingangsbestätigung per E‑Mail. Kann eine Signatur nicht erfolgreich geprüft werden oder werden nicht zugelassene Dateiformate verwendet, wird die gesamte E‑Mail zur weiteren manuellen Bearbeitung gespeichert. Eine entsprechende Fehlermeldung wird für die Sachbearbeitung hinterlegt.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ermöglicht für die Teilnehmer am elektronischen Rechtsverkehr weiterhin die elektronische Akteneinsicht sowie eine Verfahrensstandabfrage per Internet. Damit werden neue Informationsquellen für die Verfahrensbeteiligten eröffnet — unabhängig von den Öffnungszeiten des Gerichts und damit rund um die Uhr.
Die elektronische Akteneinsicht soll für alle Beteiligten zu einer Verringerung des bei der bisherigen Akteneinsicht entstehenden Aufwandes beitragen. Dies wird zu Ersparnissen bei Personal‑, Zeit‑, Raum- und vor allem Portokosten führen. Die elektronische Akteneinsicht eröffnet die Möglichkeit, die Akten vom eigenen Computer per Internet anzufordern, einzusehen und — soweit erforderlich — auch zu speichern.