Bund-Länder-Kommission III
Zeit: | Freitag, 17. September 2004, 9.00 Uhr |
Ort: | HS 111 |
Moderation: | Herr Norbert Pott |
Referenten: | Herr Richter am Landgericht Bartsch Frau Richterin am Landgericht Dr. Kerber |
Dokumente: | Ankündigung |
Elektronischer Rechtsverkehr in Familiensachen beim Amtsgericht Westerstede (Herr Richter am Landgericht Bartsch)
Das Pilotprojekt „Elektronischer Rechtsverkehr in Familiensachen“ ist ein Vorhaben im Rahmen der strategischen Partnerschaft des Landes Niedersachsen mit der Deutschen Telekom AG. An der praktischen Umsetzung ist neben Justizbediensteten die T‑Systems GEI GmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG, beteiligt. Der Projektvertrag wurde im Juli 2002 unterzeichnet. Die Projektleitung ist auf Seiten der Justiz bei dem Oberlandesgericht Oldenburg angesiedelt. Der Pilotbetrieb findet bei dem Amtsgericht Westerstede statt.
Der elektronische Rechtsverkehr in Familiensachen soll – allgemein umschrieben — die Möglichkeit eröffnen, Schriftsätze und Anlagen bei dem Familiengericht elektronisch einzureichen, dort teilweise automatisiert elektronisch weiterzuverarbeiten sowie Schriftsätze, Anlagen und Entscheidungen den Verfahrensbeteiligten elektronisch zu übermitteln.
In technischer Hinsicht kann das Vorhaben in drei verschiedene Grundkomponenten untergliedert werden:
Ein Kommunikationssystem ermöglicht über das Internet einen rechtlich verbindlichen Austausch von elektronischen Dokumenten zwischen dem Gericht und Verfahrensbeteiligten.
Dabei sollen Metadaten aus empfangenen Sendungen automatisch in die Justiz-Fachanwendung übernommen werden.
Die familiengerichtliche Akte und die gerichtsinternen Abläufe sollen elektronisch abgebildet werden. Eingänge in Papierform werden über einen Scanner in digitale Dokumente umgewandelt. Die Bearbeitung digitaler Akten am Dezernatsarbeitsplatz wird unterstützt durch eine spezielle Software, die auf der justizeigenen Fachanwendung EUREKA aufbaut.
Seit dem 1. Juni 2004 ist die Möglichkeit einer rechtsverbindlichen elektronischen Kommunikation zwischen der Rechtsanwaltschaft und dem Amtsgericht Westerstede in Familiensachen prinzipiell eröffnet. Mit dem elektronischen Rechtsverkehr betreten die Beteiligten vielfach technisches, organisatorisches und teilweise auch rechtliches Neuland. Die elektronische Versendung von Dokumenten, die Erhöhung des Automationsgrades und die elektronische Unterstützung der Vorgangsbearbeitung lassen in verschiedenen Bereichen Effizienzgewinne und Vorteile für die Beteiligten erwarten. Damit der elektronische Rechtsverkehr auf breiter Ebene zu möglichst großen Nutzeffekten führt, bedarf es zum einen einer zeitnahen und praxisgerechten Ergänzung des bisherigen rechtlichen Rahmens – namentlich mit Blick auf eine ausschließliche elektronische Aktenführung. Zum anderen ist die Mitwirkung der Gerichtsbediensteten, der Rechtsanwaltschaft, der Hersteller von Rechtsanwaltssoftware und der in das Gerichtsverfahren involvierten Behörden vonnöten.
Das Referat soll nicht nur über den Gegenstand des niedersächsischen Projekts genauer informieren, sondern auch und vor allem über die bislang gemachten Erfahrungen und die noch zu überwindenden Hindernisse.
Internet: www.olg-oldenburg.de
Elektronischer Rechtsverkehr bei den Bundesgerichten (Frau Richterin am Landgericht Dr. Kerber)
Seit November 2001 besteht die Möglichkeit, alle Schriftsätze an die Zivilsenate des BGH wahlweise per E‑Mail zu übersenden. Gerichtsintern wird in einem Zivilsenat die elektronische Vorgangsbearbeitung per E‑Mail erprobt. Das Projekt hat zu einer Verfahrensbeschleunigung beigetragen. Mitte Mai 2004 ist die zweite Stufe des Projekts gestartet, in der das gerichtsinterne Dokumentationsmanagement durch eine individuell angepasste Softwarelösung optimiert werden soll, die die Arbeitsabläufe im BGH durch eine einheitliche Bedienoberfläche für elektronische Unterschriften, Formularverwaltung, Vorgangssteuerung, Archivierung und Recherche zusammenfasst. Damit wird ein wesentlicher Schritt hin zu einer papierlosen Vorgangsbearbeitung beim BGH getan sein.