BLK I: NeFa – Neue Fachanwendung
Zeit: | Donnerstag — 24.09.2009 — 13.50 Uhr |
Ort: | Hörsaal 111 |
Referenten: | Dr. Ralph Guise-Rübe (Richter am Oberlandesgericht, Niedersächsisches Justizministerium); Frank Richter (Richter am Oberlandesgericht, Hessisches Ministerium der Justiz); Thomas Kruza (Richter am Amtsgericht, Hessisches Ministerium der Justiz); Holger Sanio (Niedersächsisches Justizministerium) |
Dokumente: | Protokoll |
Das Projekt „NeFa — Entwicklung einer zukunftsfähigen Justizsoftware auf Basis von Standardtechnologien” wird von der hessischen Justiz und der niedersächsischen Justiz gemeinsam betrieben.
Im ersten Teil des Vortrages wird der strategische Ansatz dieses Projektes vorgestellt: Die in den beteiligten Ländern geschaffenen modernen IT-Infrastrukturen und die aktuell zur Verfügung stehenden Entwicklungsmethoden und ‑werkzeuge erlauben die effiziente justizeigene Entwicklung moderner Fachanwendungen. Durch möglichst weitgehende Nutzung von Standardfunktionalitäten, die von der auf Microsoft-Produkten basierenden IT-Infrastruktur und den Office-Anwendungsprogrammen (Word, Outlook) zur Verfügung gestellt werden, wird der Entwicklungsprozess vereinfacht und beschleunigt. In der gesamten Justiz benötigte Funktionen werden in einer sog. wiederverwendbaren Anwendungsbasis zur Verfügung gestellt, von der fachspezifische Module (sog. Ausprägungen) durch Ergänzung der spezifischen Funktionalität abgeleitet werden. Der Entwicklungsprozess wird wesentlich effizienter gestaltet, die Anpassung der Anwendung bei sich ändernden Anforderungen erleichtert und beschleunigt. Voraussichtlich im Jahre 2011 wird neben der Anwendungsbasis eine erste Ausprägung für den landgerichtlichen Zivilprozess zur Verfügung stehen. Zugleich soll damit der Nachweis der Wirtschaftlichkeit des gewählten Ansatzes erbracht werden.
Im zweiten Teil des Vortrages wird auf das Vorgehensmodell der Entwicklung, insbesondere in der Phase der Anforderungserhebung, eingegangen. Sie findet unter enger Einbindung der gerichtlichen Praxis statt. Sog. Produktmanager, die sowohl aus den Reihen der Richterschaft als auch aus den Reihen der Servicekräfte gewonnen werden konnten, vertreten die künftigen Anwender unmittelbar im Projektteam. Daneben wurde ein Fachteam aus Praktikern gebildet, das die fachlichen Anforderungen unter Leitung der Produktmanager in einem definierten Prozess unter funktionalen, rollenbasierten und geschäftsprozessualen Gesichtspunkten erhebt. In Abgrenzung zu den bekannten Modellen der Anforderungserhebung, die üblicherweise mit der Erarbeitung eines umfänglichen Pflichtenheftes einhergehen, konnte eine Dokumentenstruktur entwickelt werden, die es den Praktikern ermöglicht, die fachlichen Anforderungen in einer ihnen gemäßen Darstellung zu formulieren. Gleichzeitig ist sie sehr gut geeignet, um als Grundlage für die Implementierung durch justizeigene Entwickler zu dienen. Ihnen ist die Arbeitsweise in der Justiz vertraut, was zu einer erheblichen Reduzierung des Aufwandes für die Anforderungserhebung führt.