Freie Daten für freie Bürger
Zeit: | Freitag — 23.09.2011 — 11 Uhr |
Ort: | Hörsaal 0.19 |
Moderation: | Rigo Wenning, Justitiar, World Wide Web Consortium (W3C) |
Referent: | John Sheridan, Head of e‑Services, Information Policy and Services Directorate, The National Archives legislation.gov.uk |
Dokumente: | Protokoll |
Die Open-Data Bewegung findet derzeit ein sehr breites Echo in der Politik und im Internet. Grundlage ist die Vorstellung, dass wir in Zukunft einzelne Daten genauso leicht suchen und finden wie wir heute schon Dokumente finden. Doch die Daten sind derzeit noch weitgehend in ihren Silos versteckt.
Die Hoffnung der Proponenten der Open-Data Bewegung ist, dass die öffentli-chen Daten genutzt werden um neue Wege des Zugangs zu Daten zu gehen. Viele Akteure haben ein grosses Interesse daran die Daten für alle möglichen Situation und Fragestellungen aufzubereiten (Stichwort Web 2.0). Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass die veröffentlichten Daten mit anderen Daten verlinkt werden und so neue Antworten auf alte Fragen geben können oder auch neue Fragestellungen erzeugen. Getragen wird die Open-Data Bewegung auch von der Überzeugung dass viele Ideen auch ausserhalb der Verwaltung geboren und umgesetzt werden können, vielleicht sogar besser und billiger als innerhalb der Verwaltung. Jedoch ohne die Verwaltung selbst daran zu hindern ebenfalls neue Wege zu gehen.
Der EDV-Gerichtstag hat eine lange Tradition hinsichtlich der Unterstützung von Open-Data. So ging schon der 8. Deutsche EDV-Gerichtstag der Frage nach ob und unter welchen Bedingungen der Bürger ein Recht hat, Informationen über seine Rechtsquellen in elektronischer Form – also speziell im Internet – zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dabei ging es um die Diskussion der These, dass der Staat die Pflicht habe, dem Bürger Gesetze (Primärtexte) kostenlos zur Verfügung zu stellen. Aus einem solchen “freien Recht für freie Bürger” ergäben sich auch Fragen, z. B. zum Verhältnis des Bürgers zum Recht, zu der Rechtssituation der Privatanbieter bei Veröffentlichungen und zum Zugang des Bürgers zu konsolidierten Gesetzestexten und zu Veröffentlichungen im Internet. Das war 1999.
2011 stellen wir uns nicht mehr die Frage, ob die juristischen Informationen zur Verfügung gestellt werden sollen, sondern welche Hindernisse uns auf dem Wege dahin begegnen. Der Referent, John Sheridan, hat als Leiter des Projekts legislation.gov.uk eine neue Ära eingeleitet und das primat der elektronischen Information in Grossbritannien mit Hilfe von Gordon Brown und Tim Berners-Lee durchgesetzt. Die Kommission wird dieses Projekt mit data.eu kopieren. John Sheridan wird uns von seinen Erfahrungen berichten.
Die sich ergebenden Themen sind eines EDV-Gerichtstages würdig, denn sie verlaufen ständig an der Schnittstelle zwischen Technik und Recht. So wurde für legislation.gov.uk eigens eine neue Lizenz für Regierungsinformationen eingeführt. Doch das war nur eine von vielen rechtlichen Problemen bei der Entwicklung von legislation.gov.uk.
In technischer Hinsicht haben die Vorreiter aus Grossbritannien ebenfalls eine beeindruckende Vorlage geliefert. XML-gestützt werden Gesetzestexte bereinigt und abgeglichen. Der tiefe Griff in den semantischen Werkzeugkasten führt zu einem unerreichten Grad an Nutzerfreundlichkeit und hat auch Techniker und Ingenieure jenseits des Justizsektors begeistert.
Ziel ist es nach einer Vorstellung von legislation.gov.uk zu einer gemeinsamen Diskussion zu finden und einen regen Gedankenaustausch herzustellen. Denn ausser data.eu haben auch alle Nationalstaaten ein entsprechendes Konzept in der Schublade. Was heisst das für die Justiz, die europäische Kooperation und was kann die Justiz beitragen?