
Arbeitskreis Barrierefreiheit: Die barrierefreie elektronische Akte - ein Blick in die Praxis
Die Justiz ist verpflichtet elektronische Akten ergonomisch und barrierefrei zu gestalten. Hierzu heißt es beispielsweise in § 5 BGAktFV (und wortgleich in § 4 BStrafAktFV): „Elektronische Akten und Verfahren zur elektronischen Aktenführung und -bearbeitung sollen technisch so gestaltet werden, dass sie, soweit technisch möglich, barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Hierzu sollen die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Sinne der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 21. Mai 2019 … in der jeweils gelten-den Fassung bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung beachtet werden.“ Inhaltsgleiche oder vergleichbare Vorschriften gibt es auch im Landesrecht und weiteren gesetzlichen Vorschriften.
Das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs aus dem Jahr 2017 (BGBl. I. 2208) sieht vor, dass die Prozessakten bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften spätestens ab dem 1. Januar 2026 elektronisch zu führen sind. Auch wenn der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, diesen Zeitpunkt hinauszuschieben, werden die meisten Arbeitsplätze in der Justiz bis zum 1. Januar 2026 mit der elektronischen Akte ausgestattet sein. Der Arbeitskreis beleuchtet deshalb anhand konkreter Beispiele, ob und inwieweit die Vorgaben zur Barrierefreiheit von den Programmen für die elektronische Akte in der Justiz – ergonomischer elektronischer Arbeitsplatz (e²A), elektronisches Integrationsportal (eIP) und eAkte als Service (eAS) – eingehalten und umgesetzt werden. Im Vordergrund stehen hierbei die folgenden Themenfelder:
• Tastaturbedienbarkeit
Lassen sich die elektronischen Akten (außer mit der Maus) auch vollständig mit Tastaturbefehlen bedienen?
• Unterstützung assistiver Technologien
Lassen sich die elektronischen Akten durchgängig mit assistiven Technologien wie Screenreader (einschließlich Sprachausgabe und Braillezeile) und Screenmagnifier (einschließlich Fokusverfolgung und Schriftglättung) nutzen?
• Vorlesefunktionen im Dokument
Werden die verschiedenen Vorlesefunktionen von Screenreader und Screenmagnifier im Aktenviewer unterstützt, um ein effektives Lesen von Dokumenten zu ermöglichen?
• Stempel, Lesezeichen und Notizzettel
Lassen sich die Funktionen für Stempel. Lesezeichen, Notizzettel und andere Annotationen auch mit Screenreader und Screenmagnifier nutzen?
• Größe von Schrift und Symbolen, Farben und Kontraste
Lassen sich die Größe von Schrift und Symbolen, Farben und Kontraste individuell an die eigenen Bedarfe anpassen?
In einer Live-Präsentation wird gezeigt, wie blinde und sehbeeinträchtigte Nutzer mit der elektronischen Akte arbeiten, welche Hindernisse sich dabei ergeben und wie sich diese Hindernisse durch eine barrierefreie Gestaltung vermeiden lassen. Ziel des Arbeitskreises ist es zum einen anhand positiver Beispiele zu veranschaulichen, wie sich Barrierefreiheit durchgängig verwirklichen lässt, und zum anderen aufzuzeigen, an welchen Stellen für die Programme e²A, eIP und eAS nach wie vor Handlungsbedarf besteht.
Referierender:
Richter am Finanzgericht Andreas Carstens
Der Referent ist Vertrauensperson der schwerbehinderten Richterinnen und Richter. Er vertritt den Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. im Ausschuss für barrierefreie Informationstechnik.
Moderation:
Florian Strunk, IT-Leiter beim Hanseatischen Oberlandesgericht und der Hamburger Amtsgerichte und Vorstandsmitglied des Deutschen EDV-Gerichtstags e.V.
11. September 2025, | Arbeitskreis | Universität des Saarlandes, |